Fernost zu Gast auf der EXPOLINGUA Berlin – Teil 2: Südkorea

von Lutz Steinbrück

Große Ereignisse werfen weite Schatten voraus: Auf der EXPOLINGUA 2017 am 17. und 18. November im RHWK in Berlin sind Aussteller aus aller Herren Länder zu Gast. Mit die weiteste Anreise unter über 150 Ausstellern haben die Messevertreter aus dem fernen Ostasien, speziell aus Japan und Südkorea. Sie werden an dieser Stelle samt sprachlicher und kultureller Besonderheiten ihrer Länder im Überblick vorgestellt.

Südkorea ist durch die King Sejong Institute Foundation sowie die Korea Foundation vertreten. Erstere vermittelt Koreanischlernern und -lehrern außerhalb Südkoreas Informationen über Sprache und Kultur und zum „Learning Management System“ LMS. Die Korea Foundation bietet Austauschprogramme zwischen Südkorea und anderen Ländern an.

Das geteilte Korea macht hierzulande meist durch hochwertige High-Tech-Produkte aus dem Südteil von sich reden. Aus der kommunistischen Volksrepublik im Norden hingegen hört man meist Negatives aus den Nachrichten: von bitterer Armut, unterdrückter Bevölkerung und dem nuklearen Drohgespenst und Diktator Kim Jong-un an der Staatsspitze. Geht es um kulturellen und sprachlichen Austausch zwischen Deutschland und Korea, meint dies in der Regel Südkorea.

5.500 Koreaner aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse 2005 studieren aktuell an deutschen Hochschulen. Das Interesse an deutscher Musik und Literatur ist groß. Trotz Hochschulkooperationen und DAAD-Austauschprogramme, gibt es umgekehrt weit weniger deutsche Studierende in Südkorea – was auch daran liegt, dass Hochschulkurse in englischer Sprache rar sind. Zu erwähnen ist die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit ihrer Zweigstelle in der Millionenstadt Busan. Der Campus wurde 2010 eröffnet, seit 2011 können hier koreanische, deutsche sowie Studierende anderer Länder den englischsprachigen Masterstudiengang Chemie- und Bioingenieurwesen belegen.

24 Buchstaben wirken wie tausende

Wer mit diesem spannenden Land auf Tuchfühlung gehen möchte, sollte sich die Sprache aneignen. Gesprochen von fast 80 Millionen Menschen, handelt es sich beim Koreanischen um eine agglutinierende Sprache. Südkoreaner nennen sie hangugmal (한국말) oder hangugeo (Hangeul: 한국어, Hanja: 韓國語), Nordkoreaner bezeichnen sie dagegen als joseonmal (조선말) oder joseoneo (조선어, 朝鮮語).

Das koreanische Alphabet (Hangeul genannt) besitzt 24 Buchstaben, die allerdings den Eindruck erwecken, es seien viele tausende. Der Grund für die Komplexität: Koreanisch ist eine optisch an chinesische Zeichen erinnernde Schrift, in der „ein Zeichen“ (= eine Silbe)
aus diversen Buchstaben besteht, die neben- und übereinander geschrieben werden. Buchstaben in einer Silbe liest man von links nach rechts und von oben nach unten. Eine Besonderheit der koreanischen Schrift: Einige Buchstaben werden am Silbenende anders ausgesprochen als am Anfang.

Subjekt, Objekt, Verb

Typisch für die Satzstellung ist die Reihenfolge Subjekt, Objekt, Verb. Häufig steht am Satzanfang das Thema, von dem er handelt – wie ein „Betreff“. Grammatische Beziehungen zwischen den Satzbestandteilen werden mit Postpositionen kenntlich gemacht. Für Europäer gewöhnungsbedürftig sind unterschiedliche Höflichkeitsformen: Hier gibt es diverse Abstufungen, je nachdem, mit wem oder über wen gesprochen wird.

Sprachlektor Dr. Holmer Brochlos (Institut für Koreastudien, Freie Universität Berlin) kennt die Tücken von „Koreanisch für Anfänger“ aus eigener Erfahrung: „Das größte Problem für Anfängerinnen und Anfänger ist sicher das Umdenken von unserer aus den indoeuropäischen Sprachen gewohnten S-V-O-Struktur in die koreanische S-O-V-Struktur, zusammen mit dem typisch agglutinierenden Charakter der Sprache, dass fast alles angehängt wird. ‘Ich gehe in die Schule’ wird zu ‘Ich Schule-in gehen’. Hinzu kommen die Gewöhnung an die Schrift und die, etwa im Vergleich zum Japanischen, zum Teil recht schwierige Aussprache.“

Für willige Anfänger gibt der Fachmann auf der EXPOLINGUA Berlin 2017 zudem einen Mini-Sprachkurs. Außerdem hat er vor kurzem eine Kurzgrammatik der koreanischen Sprache veröffentlicht, um Lernenden auf die Sprünge zu helfen.

Den Ursprung des heutigen Koreanisch bildeten vor etwa 2.000 Jahren laut chinesischen Quellen Stammessprachen der Buyeo (夫艅) im Norden und der Han (韓) im Süden. Heute gibt es viele Dialekte, die jedoch keine großen Unterschiede aufweisen. Eine Besonderheit stellen strukturelle Gemeinsamkeiten der koreanischen Sprache mit dem Japanischen dar. Es gibt viele Übereinstimmungen in der Bildung grammatikalischer Strukturen, allerdings nur wenige Gemeinsamkeiten im Wortschatz.

Im Süden gibt es „Konglish“

In Südkorea orientieren sich Rechtschreibung und Aussprache der Standardsprache am Dialekt der Hauptstadt Seoul, in Nordkorea richtet diese sich am Dialekt Pjöngjangs aus. Die Teilung des Landes führte zu weiteren sprachlichen Differenzen. So wurden im westlich orientierten Südkorea neue Lehnwörter aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum ins Koreanische integriert, wie etwa „News“ als njusɯ (뉴스 ). Ein Beispiel ist „mentada“ (멘트하다), auf Deutsch: „kommentieren“ und vom englischen „comment“ plus „hada“ (machen). In Nordkorea dagegen wird bei der Bildung neuer Wörter in der Regel auf den koreanischen Wortschatz zurückgegriffen.

Wer bereits in Deutschland Einblicke in die koreanische Kultur sucht, wird leicht fündig im Koreanischen Kulturzentrum (zugleich die Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea in Deutschland) mit Sitz in Berlin. An diesem Ort der Begegnung finden sich eine Galerie, eine Media-/ Bibliothek, PC-Arbeitsplätze, Kino- und Veranstaltungsräume und Seminarräume für Sprachlerner, Kalligrafie- und andere Kurse.

Und was macht die kulturelle Besonderheit auf der koreanischen Halbinsel aus? „Deutsche, die zum ersten Mal nach Südkorea kommen, sind fasziniert von dem Kontrast und zugleich Zusammenspiel zwischen dem modernen Leben in einem Hightech-Land, der hochentwickelten IT-Infrastruktur einerseits sowie der Pflege der kulturellen Traditionen andererseits“, so Holmer Brochlos. „Das reicht von prächtigen alten Königspalästen in Seoul bis hin zu kleinen Ständen von Wahrsagern und immer noch praktizierten schamanistischen Ritualen.“

Vom Bär zu Frau zum Königreich

Die Koreaner blicken auf eine jahrtausende alte Kulturgeschichte zurück. Ihre Vorfahren gründeten laut Landeshistorie das Königreich Go-Joseon. Laut Mythos stieg Hwanung, der Sohn des Himmelskönigs, von dort auf die Erde herab. Er traf auf einen Tiger und einen Bären, die zu Menschen werden wollten. Dies wurde nur dem Bären gewährt, der in eine Frau verwandelt wurde. Sie wurde Hwanungs Gattin. Die beiden zeugten Dangun, der am 3. Oktober 2333 vor Christus der erste König von Korea wurde. Auf dieses Datum fällt bis heute der koreanische Nationalfeiertag.

Die Kultur entwickelte sich über einen langen Zeitraum und war geprägt vom Schamanismus und vielen Einflüssen aus China. Auch heute noch sind bestimmte Denk- und Verhaltensmuster verbreitet, die vom Schamanismus oder vom Konfuzianismus herrühren. Auch der chinesische Buddhismus hat starke kulturhistorische Bedeutung und zum Beispiel die Techniken der Malerei in Korea geprägt. Diese zeigen oft Landschaften und sind stimmungsbetont. Gemalt wird traditionell mit Tinte auf Maulbeerpapier oder Seide. International berühmt ist Korea für die Künste der Kalligraphie, der Töpferei und des Stempelschnitzens. Das Südkorea von heute ist zudem vom Christentum geprägt, dem etwa ein Viertel der Bevölkerung angehören.

Traditionelle Musik bedeutet in Korea vor allem Gesang, wobei sich in den Texten die Geschichte des Landes widerspiegelt. Eine Vielzahl an Tänzen zählen ebenfalls zum kulturellen Erbe des Landes. Diese untergliedern sich in einheimische Tänze (Hyangak Jeongjae) und importierte Tänze (Dangak Jeongjae). Letztere wurden in der Regel aus China adaptiert. Es gibt auch Überschneidungen zwischen althergebrachten Tänzen und Kampfkünsten. Als Nationalsport gilt jedoch das Bergwandern.

Energetischer Einklang

Feste mit Tradition stehen im koreanischen Mondkalender, wobei der Neujahrstag (Gujeong/Seollal) die größte Feier ist. Daneben gibt es auch ein Vollmond-, Frühlings- sowie ein Erntedankfest. Vor dem Hausbau achten Koreaner per Geomantie darauf, dass positive und negative Energien (Yin und Yang) am Bauplatz in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Eingekauft wird gerne auf großen traditionellen Märkten. Grundnahrungsmittel sind Reis, Gerste, Tofu (koreanisch: „dubu“), Hirse und Nudeln, die auch aus Süßkartoffeln hergestellt werden. Und es gibt kaum ein Mahl ohne Kimchi, den Chinakohl und Rettich, der in Salz, Chillis, Knoblauch und Fischsoße eingelegt ist.

K-Pop und Koreanische Welle

In den letzten Jahren erlebte die südkoreanische Kultur, speziell Popmusik, Filme und Fernsehserien, einen Hype – nicht nur in den asiatischen Nachbarländern. Das Phänomen nennt sich „Hallyu“ (Koreanische Welle) und sorgt für große internationale Popularität südkoreanischer Popkultur – auch in Lateinamerika und Europa gibt es zahlreiche „K-Pop“-Fans!

Auf der EXPOLINGUA stellen sich die King Sejong Institute Foundation und die Korea Foundation persönlich vor und freuen sich auf Besucher, die neugierig auf ihre Landessprache sind. Die King Sejong Institute Foundation hat sich als staatliche Bildungseinrichtung der Vermittlung koreanischer Sprache und Kultur im Ausland verschrieben und ist weltweit an 90 Standorten in 43 Ländern vertreten. Die Lerninhalte werden in Kooperation mit führenden südkoreanischen Medien und Kultureinrichtungen erarbeitet.

In Deutschland gibt es eine Zweigstelle an der Universität Tübingen, wobei sich die koreanischen Sprach- und Kulturangebote an alle Interessierten richten. Die Teilnahme an Kursen für Anfänger und Fortgeschrittene in Tübingen ist gratis. Zum Programm zählen ferner Gastdozenturen, Lesungen koreanischer Autoren und Exkursionen zu Ausstellungen und Museen.

Ebenfalls auf der EXPOLINGUA zu Gast ist die Korea Foundation, die weltweit Angebote zum Kennenlernen der koranischen Sprache und Kultur sowie akademische Austauschprogramme zwischen südkoreanischen und ausländischen Hochschulen organisiert. Büros unterhält die Korea Foundation unter anderem in Berlin (in der südkoreanischen Botschaft), Moskau, Peking und Los Angeles. Zum Kurs-Portfolio zählen Online-Lernangebote mit Echtzeit-Videos, die bei den Austauschprogrammen eingesetzt werden. Überdies zeichnet die Korea Foundation verantwortlich für kulturelle Veranstaltungen und Festivals, auf denen koreanische Kunst und Kultur dargeboten wird.


Im Programm der EXPOLINGUA Berlin 2017 findet am Freitag den 17. November ab 14:30 Uhr die Präsentation Korean Interactive Lounge – Hangeul Games der King Sejong Institute Foundation (KSIF) statt. Am Samstag ab 13:30 Uhr stellt die Korea Foundation zudem die Traditionelle koreanische Musik – Gayageum vor, ab 14 Uhr bietet Dr. Holmer Brochlos einen Minisprachkurs Koreanisch an und ab 15:30 Uhr präsentieren Yong-suk Choi und Chang yool Shin von der King Sejong Institute Foundation Pansori – Korean musical storytelling.


Links:

King Sejong Institute Foundation
http://eng.ksif.or.kr/main.do
https://www.facebook.com/Sejonghakdang.org
https://twitter.com/KingSejongNY
https://www.instagram.com/king.sejong.institute/

Korea Foundation
http://en.kf.or.kr/?menuno=3722
https://www.facebook.com/koreafoundation/
https://twitter.com/KoreaFoundation

Koreanisches Kulturzentrum Berlin
http://www.kulturkorea.org