Die Sprachen unserer Nachbarn: Arabisch

von Anke Wilde


Im sechsten Teil unserer Serie Die Sprachen unserer Nachbarn, stellen wir euch heute Arabisch vor.

Weltweit verwenden etwa 300 Millionen Menschen täglich das Arabische, um sich miteinander zu verständigen. Hinzu kommen etliche Millionen Menschen, für die das Arabische Zweit- oder Fremdsprache ist. In mehr als zwanzig Ländern ist es Amtssprache. Damit gehört das Arabische zu den fünf am häufigsten gesprochenen Sprachen der Welt, und auch in den Vereinten Nationen ist es eine der sechs offiziellen Sprachen.

Das Arabische liegt als Hochsprache sowie als Umgangssprache in Form von zahlreichen regionalen Dialekten vor. Nicht zuletzt wegen der geografischen Ausdehnung des arabischen Sprachraums sind viele Dialekte für Muttersprachler aus anderen Regionen kaum verständlich. Eine Ausnahme bildet dabei der Kairoer Dialekt. Das hat den einfachen Grund, dass die meisten arabischsprachigen Filme in Ägypten produziert werden.

Die Hochsprache wiederum ist eng an das Altarabische angelehnt und beruht auf dem Koran und der klassischen Dichtung. Man verwendet sie nicht für die tägliche Kommunikation in der Familie, im Beruf und auf der Straße. Damit fehlen ihr viele Begriffe der modernen Welt und wissenschaftliche Fachausdrücke. Eine Modernisierung erfährt sie derzeit jedoch durch Nachrichtensender wie Al Jazeera und Al Arabiya, die in ihrer Berichterstattung das Hocharabische verwenden.

 

Komplizierte Verben, kehlige Laute

Während das Hochsprachliche bei den Substantiven über drei Fälle verfügt, die unserem Nominativ, Genitiv und Akkusativ entsprechen, sind in den Dialekten die Fälle im sprachgeschichtlichen Verlauf verlorengegangen. Darum ist die Syntax – so wie beispielsweise im Englischen – umso wichtiger. Hinzu kommen je nach Dialekt verschiedene Pluralformen. Viel komplexer dagegen sind die Verben. Diese sind Bedeutungsträger für weitaus mehr Informationen als die Verben im Deutschen. Wer also Arabisch lernt, wird sich bei den Verbformen gewiss das eine oder andere Mal die Haare raufen.

Dass das Arabische in unseren Ohren so fremd klingt, liegt daran, dass vielfach andere Laute verwendet werden. Wenige Laute nur werden an den Lippen gebildet. Es gibt nur ein M, B und F, aber keine Laute, die unserem P und W entsprechen. Dafür werden wiederum viele Laute an den Zähnen, am Gaumen und in der Kehle gebildet. Als Vokale wiederum existieren im Arabischen nur das A, I und U in kurzer und in langer Form. Wer also einmal in einer arabischsprachigen Ratesendung eingeladen ist, sollte sich auf keinen Fall ein E kaufen.

Durch ihre Ästhetik entfaltet die arabische Schriftsprache einen ganz besonderen Reiz. Dass sie nur aus Konsonanten und langen Vokalen besteht, ist für Sprachlerner allerdings sehr irritierend. Die kurzen Vokale muss man darum je nach Wort auswändig lernen. Diese Besonderheit der arabischen Schriftsprache macht es nicht zuletzt schwierig, die Entwicklung der arabischen Sprache nachzuvollziehen, denn viele Lautverschiebungen wurden im Laufe der Geschichte nicht aufgezeichnet.

 

Reiche Sprachgeschichte

Die Geschichte der arabischen Schriftsprache beginnt mit der Niederschrift des Korans im 7. Jahrhundert. Obwohl Gedichtsammlungen wie die Mu‘allaqat aus den Jahrhunderten zuvor stammen, wurden sie erst später schriftlich fixiert. Mit den Eroberungen, die von der arabischen Halbinsel ausgingen, breiteten sich die Sprache und die islamische Religion aus. Dabei wirkte sich auf die jeweilige Entwicklung des Dialekts aus, ob er von nomadisch lebendenden Völkern wie den Beduinen, von Städtern oder von der Landbevölkerung weitergetragen wurde. Zugleich entstanden die heutigen Dialekte und nahmen viele Einflüsse aus den benachbarten Sprachen auf. Zudem entwickelte sich aus der zunächst religiösen und poetischen Sprache eine moderne Rechts-, Verwaltungs- und Verkehrssprache.

Gerade durch den Einfluss des Persischen und zugleich die Kunkurrenz beider Sprachen erlangte das Arabische im 10. und 11. Jahrhundert eine Blütezeit. Während sich weiterhin eine hervorragende Wissenschaftssprache entwickelte, verlor das Arabische als Literatursprache danach allmählich an Bedeutung. Zudem setzte ein Zerfall des islamischen Reiches ein, und spätestens mit der Machtübernahme durch die Osmanen im 16. Jahrhundert gewann das Türkische zunehmend an Bedeutung.

Spätestens seit dem 20. Jahrhundert vollzog sich eine starke Erneuerung des Arabischen, deren Notwendigkeit sich vor allem durch den technologischen Fortschritt ergeben hatte. Vor allem aus den Sprachen der neuen Kolonialherren, dem Englischen und dem Französischen, wurden neue Worte entlehnt. Verschiedene Akademien wie die in Damaskus, Kairo und Amman setzen sich für eine behutsame Integration von Fremdwörtern in den arabischen Sprachschatz ein. Vorrang soll dabei jedoch der Versuch haben, in der arabischen Sprache selbst geeignete Entsprechungen zu finden.

 

Arabismen in unserer Alltags- und Wissenschaftssprache

In den europäischen Sprachen finden sich durchweg zahlreiche Arabismen, also Wörter arabischen Ursprungs, die insbesondere über das Spanische zu uns gelangt sind. Dazu gehören Wörter wie der „Admiral“, die „Havarie“, das „Magazin“ und das „Sofa“. Aber auch in den Fachsprachen hat das Arabische deutliche Spuren hinterlassen.

Audrey Azoulay, Generaldirektorin der Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen UNESCO, unterstrich vor einiger Zeit die „katalytische Rolle“ der arabischen Sprache. Im Mittelalter waren es arabische Gelehrte, die das Wissen der griechischen und römischen Antike bewahrten und weiterentwickelten. Viele mathematische, chemische und astronomische Erkenntnisse wurden im arabischen Raum gewonnen und fanden ihren Weg nach Europa. Und so verdanken wir dem Arabischen auch Wörter wie die „Algebra“ und den „Algorithmus“, das „Amalgam“ und den „Alkohol“, den „Almanach“ als jährliche Aufzeichnung astronomischer und klimatischer Ereignisse und viele Namen von Sternen am nächtlichen Himmel.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

Minisprachkurs zum Arabischen auf der EXPOLINGUA Berlin am 16. und 17. November, 2018.

Aussteller:

Kalamon Institut für Arabische Sprache GbR

lingua-arabica

UAE University