DaF-Trend: Fokus auf Anwendungsbezug
Die Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur an Nicht-Muttersprachler gewinnt immer weiter an Bedeutung. Aktuelle Trends und Fragen rund um dieses Themenfeld erörtern Experten aus aller Welt auf der jährlichen Jahrestagung des Fachverbandes Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (FaDaF). Die 41. Auflage fand in diesem Jahr an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster statt.
In Vorträgen und Workshops widmete sich die Tagung vier Themenschwerpunkten:
- Lernkulturen (Sprach- und Kulturlernen)
- Erwerb und der Vermittlung der Schriftsprache in Deutsch als Zweitsprache für verschiedene Altersgruppen
- empirisch basierte Sprachbeschreibung für Zwecke der Sprachvermittlung
- sprachliche Anforderungen in verschiedenen Fächern
Daneben fanden zwei Foren statt, die Unterrichtspraxis sowie „Beruf und Qualifizierung” in den Fokus rückten.
Ein diskutierter Trend war und ist laut dem FaDaF-Vorsitzendem Matthias Jung die verstärkte Rolle von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) in der Lehrer-Ausbildung und in der frühkindlichen Erziehung. Wie genau dies in der Praxis umgesetzt wird, legt in Deutschland jedes Bundesland individuell festgelegt. Die Palette reicht von DaZ als Wahlpflichtfach bis zum verpflichtenden DaZ-Modul für Lehramts-Studierende.
Eingewanderte Arbeitnehmer im Blick
Auf der Tagung spiegelte sich nach Angaben von Jung auch die Tendenz wider, dass bei der Sprachförderung für Migranten das berufsbezogene Deutsch immer wichtiger wird. „Früher befassten sich der FaDaF und die Tagung vor allem mit Studierenden aus anderen Ländern, die Deutsch lernen, jetzt ist die sprachliche Integration von Migranten genauso wichtig”, so Jung. „Und zur sprachlichen Integration gehört für Erwachsene nicht zuletzt der Arbeitsplatz. Auch durch Arbeitsmigranten, speziell aus Spanien, Portugal, Italien und Griechenland, erhält dieser Bereich neue Impulse.”
Deutschunterricht hilft bei der Integration, deshalb stehen seit einigen Jahren vermehrt öffentliche Mittel, vor allem des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie des Europäische Sozialfonds (ESF), bereit, die auch Wissenschaft und Forschung in diesem Bereich zugutekommen. „Auf der nächsten FaDaF-Jahrestagung vom 5. bis 7. März 2015 in München werden sich wieder zahlenreiche Vorträge in den Themenschwerpunkten mit Migranten beschäftigen”, kündigt Jung für 2015 an.
Konkretes, anwendungsbezogenes Deutschlernen
Ursula Paintner, Leiterin des DAAD-Referats „Auslandsgermanistik und Deutsch als Fremdsprache” bestätigt diese Entwicklung. „Das Deutschlernen wird in der Regel konkreter und anwendungsbezogener, zum Beispiel durch Kursangebote für bestimmte Berufsgruppen”, sagt sie. „Es geht weg von der Idee, Sprache zum Selbstzweck zu lernen – zum Beispiel, um Goethe im Original lesen zu können.”
Stattdessen orientieren sich die Bedürfnisse vieler DaF-Lernender an konkreten Anforderungen des Studiums, des Arbeitsmarktes oder des wissenschaftlichen Austausches. Eine Tendenz, die einerseits für die Attraktivität des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland spricht. Andererseits zeigt der Trend auch, dass immer mehr, auch gut ausgebildete Südeuropäer in ihren Ländern nur noch unzureichende Job-Perspektiven sehen.
„Im wissenschaftlichen Bereich beobachten wir einen Hang zum Deutschlernen bei ausländischen Studierenden an Stellen, an denen es transnationale Bildungsangebote mit Deutschlandbezug gibt”, erklärt Paintner. Als Beispiele nennt sie die Germany University in Kairo, das Deutsch-russische Institut für innovative Technologien in Kasan oder die Türkisch-Deutsche Universität Istanbul.
Chile im Münsterland zu Gast
Als internationaler Branchentreff bot die FaDaF-Tagung 2014 auch der chilenischen Universitätsdozentin für Deutsch als Fremdsprache, Carola Orellana, die Chance, sich mit Kollegen auszutauschen. Geboren in Chile und aufgewachsen in Frankfurt am Main, zog es die 41-Jährige im Alter von 15 Jahren aus Interesse zurück in ihr Herkunftsland.
Seit elf Jahren unterrichtet Carola Orellana angehende Übersetzungswissenschaftler an der Universität Concepción in Spracherwerb, deutscher Literatur und Kulturgeschichte. „Das erfordert viel Arbeit, denn die meisten Studenten kommen ohne Deutschkenntnisse zu uns“, erzählt sie aus der Praxis. „In den staatlichen Schulen kann man kein Deutsch lernen, auch nicht in jeder privaten.“ Englisch ist in Chile Fremdsprache Nummer eins. Es gibt jedoch durch die große Zahl deutscher Einwanderer viele Deutsch sprechende Chilenen und 27 deutsche Schulen.
Warum viele ihrer jungen Landsleute Deutsch lernen? „Viele Studierende aus technischen Fachrichtungen, wie zum Beispiel Ingenieure, wollen Deutsch lernen, weil sie einen Platz in einem der staatlich geförderten Austauschprogramme anstreben“, führt Orellana aus. Ihr ist es Recht, solange sie bei ihnen das Interesse an der deutschen Sprache und Kultur wecken kann.
Vortrag „Deutsch im medizinischen Bereich/Krankenhaus“ am 21. November
Auch die Sprachenmesse EXPOLINGUA Berlin (21.–22. November 2014) bietet wieder Vorträge zum anwendungsbezogenen Deutschlernen an, darunter „Deutsch im medizinischen Bereich“. Der 45-minütige Vortrag beginnt um 17.15 Uhr und ist für Besucher der Messe kostenlos.