Über Krebbelsche und Döppekooche – Erfahrungsbericht: Umziehen innerhalb Deutschlands
Mathias Klee, 29 Jahre alt, wagte den Schritt von Baden-Württemberg nach Rheinland-Pfalz. Über Unterschiede zwischen der schwäbischen und rheinländischen Kultur berichtet er dem SprachenNetz.
Erfahrungsbericht von Mathias Klee
Was waren für dich die Gründe aus deiner Heimat wegzuziehen?
Kurz gesagt: das Studium! Nach meiner Ausbildung zum Hotelfachmann habe ich mich für ein BWL-Studium entschieden. Durch meinen Bruder, der zu dieser Zeit in Koblenz wohnte, wurde mir auch schon das ein oder andere über die Region berichtet.
Worauf sollte man gefasst sein? Was ist anders?
Die Dialekte unterscheiden sich in den verschiedenen Regionen Deutschlands schon sehr und sind oftmals nicht ganz einfach zu verstehen. Auch die Menschen sind meiner Meinung nach von Region zu Region unterschiedlich. Daran muss man sich erst mal gewöhnen.
Was genau unterscheidet den Schwaben vom Rheinländer?
Im Schwabenland brauchst du wesentlich länger, bis du einen Menschen deinen Freund nennen darfst, aber dann baut er dir auch gerne dein Haus. Die Rheinländer sind dagegen Frohnaturen, auch gegenüber Fremden sehr offen und herzlich.
Gibt es vielleicht auch offensichtliche Parallelen?
Beide Regionen feiern sehr gerne! Sei es der Karneval (im Ländle Fasnet), Geburtstage oder einfach andere Gründe. Ich denke man kann behaupten, beide lassen es sich gerne gut gehen!
Gab es auch sprachliche Hürden? Konntest du vorher bereits Hochdeutsch?
Diese gibt es. Ich habe es hier vielleicht auch ein wenig leichter, da ich schon von Kind an nicht nur Schwäbisch gesprochen habe. Meine Eltern, die aus Bremen stammen, haben uns zu Hause immer zum Hochdeutsch gezwungen – Gott sein Dank! Somit bin ich bilingual aufgewachsen und egal wo ich mich aufhalte, kann ich mich schnell anpassen.
Auf den Dialekt bezogen: war es anfangs schwierig für dich die Koblenzer zu verstehen? Was für Wörter kanntest du noch nicht?
Anfangs musste ich mir erst einmal die verschiedenen Eigenheiten aneignen wie z. B. „hol mich mit!“ (Nimm mich mit), „Dau“ (Du), „Krebbelsche“ (Reibekuchen). Klar war das am Anfang nicht einfach. Besonders das Wort „holen“ hat es den Koblenzern angetan, egal ob sie jemanden mitnehmen oder selbst abnehmen möchten – alles wird immer geholt! Hast du abgeholt? Das kannte ich vorher nun wirklich nicht.
Welche Wörter des schwäbischen Dialekts hast du vielleicht versucht trotzdem zu bewahren?
Es kommt immer auf die Situation an. Logischerweise falle ich in den schwäbischen Dialekt, wenn ich mit Freunden und Familie aus der Region spreche. Im Alltag wende ich mein Schwäbisch nur noch unterbewusst bei verschiedenen Formulierungen anwende, wie z.B. „du bisscht“ oder „so ischs halt“.
Was vermisst du am meisten aus dem Ländle?
Was ich am meisten vermisse, ist die Nähe zu den Bergen (Snowboarden), zu meinen Eltern und Freunden, meinen alten Fußballverein (3 Rasenplätze in der Kreisliga) sowie Käsespätzle und Maultaschen.
Denkst du manchmal an einen „Rückzug“?
Da ich in Koblenz nun geheiratet habe, eine Familie gründe und hier auch einen tollen Job habe, zieht mich aktuell nichts zurück. Klar denkt man immer mal an die Vorteile der alten Heimat, aber Koblenz ist eine sehr schöne Stadt. Durch die Freunde, die ich hier in Koblenz gefunden habe, darunter viele Einheimische, bin ich glücklich hier zu leben. Koblenz ist das gesunde Mittelmaß zwischen Stadt- und Landleben.
Welchen Rat würdest du Menschen geben, die für ein Studium oder Praktikum ins Rheinland ziehen und nicht dort aufgewachsen sind?
Versucht viel Kontakt zu Einheimischen zu pflegen. Sucht euch eine Wohnung in der Ihr nicht wie ein anonymer Mieter wohnt oder die ausschließlich aus Zugezogenen besteht. Versucht viel Zeit in der Stadt mit Leuten und den Bräuchen zu verbringen, um euch selbst ein Bild von den Gewohnheiten und Eigenheiten der Rheinländer zu verschaffen.
Drei Worte, die dir in den Sinn kommen, wenn du ans Ländle und ans Rheinland denkst?
Ländle: Spätzle, Bodensee, tolle Menschen
Rheinland: Dau Hejel, Döppekooche, das Rheintal