Ich spreche, also bin ich?
von Jennifer Giwi
Sprache ist mehr als ein bloßes Kommunikationsmittel. Sprache prägt unser Denken, unsere Kultur und unsere Identität, sagen Sprachforscher. Auch eine Fremdsprache kann unsere Identität beeinflussen.
Wir verwenden Sprache jeden Tag ganz selbstverständlich, indem wir mit anderen sprechen, etwas lesen oder schreiben. Und doch ist Sprache mehr als nur ein Kommunikationsmittel: Es heißt “Kleider machen Leute”, aber auch Fremdsprachen machen uns zu dem, wer wir sind oder wie wir anderen erscheinen. Ob Fremdsprache, Fachjargon, Dialekt oder Jugendslang – Worte helfen uns, in verbale Rollen zu schlüpfen. Was und wie wir sind, wird maßgeblich davon mitbestimmt, wie wir uns mit Worten ausdrücken. “Sprache verrät über uns fast alles”; sagt der Kasseler Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Gardt.
Bildung neuer Identitäten
Beim Lernen einer neuen Sprache sind wir immer wieder gezwungen, neue Probleme zu lösen, indem beispielsweise neue Begriffe gelernt, wahrgenommen oder abstrahiert werden. Wer eine neue Sprache lernt, erweitert sein Ausdrucksvermögen, verändert mitunter Mimik, Stimmlage und Körpersprache. Oftmals kann man Unterschiede im Sprachgebrauch entdecken, über die man noch nie nachgedacht hat. Über die Sprache hinaus verändert sich oft die Denkweise und mit ihr auch die Identität des Anderen. Manche fühlen sich in einer fremden Sprache wagemutig, elegant oder sexy, manche machen dreckige Witze auf hessisch, fühlen sich auf Spanisch romantischer oder auf Französisch intellektueller.
Selbst- und Fremdwahrnehmung
Das Lernen einer Zweitsprache bedeutet, an vorhandenes sprachliches und kulturelles Wissen anzuknüpfen. Jede Sprache hat eine bestimmte Repräsentation. Französisch gilt zum Beispiel als besonders schöne und klangvolle und zugleich aber auch als schwierige Sprache. Der Unterschied zwischen gesprochener und geschriebener Sprache bereitet vielen Lernenden Schwierigkeiten, während Schwedisch oder Spanisch als grammatikalisch und lexikalisch einfachere Sprachen gelten und somit für viele schneller und problemloser zu lernen sind.
Sprachwandel und sprachliche Identität
Aufbrüche, Systemwandel und Revolutionen führen zu einem Wandel der Sprache und konstruieren eine neue Identität. Identitätsbildung mit und durch Sprachen hängt auch von den sozialen Bedingungen der Kommunikation ab. Das Lernen einer fremden Sprache kann nur erfolgreich sein, wenn es authentisch ist und den Lernenden anspricht. Und eine Sprache ist nur dann ansprechend, wenn der Lernende für sich einen Bezug herstellen kann oder ihn die Sprache begeistert, zum Beispiel aufgrund ihrer Sprachmelodie. Grundvoraussetzung eine Sprache zu lernen, ist der regelmäßige Gebrauch durch eine Gemeinschaft. So hilft es zum Beispiel wenig, wenn Deutsch in der EU mehr Geltung hat, aber nur von Deutschsprachigen verwendet wird oder wenn Katalanisch offizielle Sprache ist, aber außerhalb Spaniens nicht gesprochen wird.
Auf der EXPOLINGUA Berlin 2017 am 17. und 18. November in Berlin haben Besucher die Möglichkeit in fremde Sprachen und Kulturen einzutauchen. Die internationale Messe bietet einen Überblick über die Möglichkeiten des Fremdsprachenlernens im In- und Ausland. Individuelle Beratung ist vor Ort möglich. Parallel findet ein messebegleitendes Vortragsprogramm rund um die Thematik Fremdsprachen lernen und lehren statt.