Sprache des Monats: Polnisch

polish flag. half mast.Auf der Expolingua Berlin, der internationalen Messe für Sprachen und Kulturen, tauchten über 12 000 Besucher in fremde Sprachen und Kulturen ein, probierten diese vor Ort aus und informierten sich über individuelle Angebote rund ums Sprachenlernen und -lehren. Neben den großen Weltsprachen – Englisch, Spanisch, Französisch sowie Chinesisch – erhalten auf der Expolingua Berlin auch die nicht so bekannten, kleineren oder gefährdeten Sprachgruppen eine Plattform. Auf großes Interesse stießen wieder die Minisprachkurse des parallel stattfindenden Vortragsprogramms. Hier konnten die Besucher unter anderem Arabisch, Chinesisch, Hebräisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Portugiesisch, Thai, Ukrainisch und weitere Sprachen ausprobieren. Aber welche Sprachen sind bei den Expolingua Berlin-Besuchern am beliebtesten? Bei der jährlichen Expolingua Berlin-Umfrage liegen folgende 12 Sprachen ganz vorn:

Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch als Fremdsprache, Russisch, Italienisch, Chinesisch, Arabisch, Portugiesisch, Türkisch, Japanisch und Polnisch

Das SprachenNetz wird in den nächsten zwölf Monaten die Favoriten der Expolingua Berlin-Besucher einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen und jeden Monat eine Sprache vorstellen. Wir beginnen diese Reihe im Januar mit Polnisch.

„Im Polnischen redet man sich in der dritten Person an: Statt ‘Sie’ oder ‘Ihnen’ werden die Angesprochenen ‘Herr’, ‘Dame’ oder ‘Herrschaften’ genannt“, erklärt Annekathrin Genest eine Besonderheit der polnischen Sprache im Vergleich zum Deutschen. Sie muss es wissen: Als Bibliotheksleiterin am Polnischen Institut in Berlin kennt die Slawistin die Facetten des Polnischen sehr genau. Auffällig seien auch die Häufung von Konsonanten sowie der Gebrauch ausschließlich kurzer Vokale, die (ob betont oder unbetont) in gleicher Weise deutlich ausgesprochen werden.

Polnisch (polszczyzna, język polski) ist Amtssprache in Polen sowie in der EU und zählt zum slawischen Zweig indogermanischer Sprachen. Es ist nahe verwandt mit Tschechisch, Slowakisch, Sorbisch und Kaschubisch und wird von etwa 46 Millionen Menschen gesprochen. Damit ist Polnisch nach Russisch die weltweit am zweithäufigsten gesprochene slawische Sprache. Minderheitensprache ist sie unter anderem in Litauen, Tschechien, Weißrussland, der Ukraine, den USA, Brasilien, Irland und Israel.

Viele Polen exportierten ihre Sprache ins europäische Ausland und nach Übersee. So siedelte ab Ende des 19. Jahrhunderts eine große Zahl polnischer Auswanderer ins Ruhrgebiet über. Knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland verfügen über einen polnischen Migrationshintergrund. Die meisten von ihnen sprechen noch Polnisch. Einige polnische Lehnwörter sind ins Deutsche eingeflossen, so zum Beispiel Grenze (granica), Gurke (ogórek), Quark (twarog) und der Ausruf Dalli (dalej = weiter). Als Fremdsprache an deutschen Schulen wird Polnisch speziell in grenznahen Regionen ostdeutscher Bundesländer unterrichtet. Die Wissenschaft der polnischen Sprache und Literatur ist die Polonistik. Sie wird im deutschsprachigen Raum unter anderem an Hochschulen in Wien, Zürich, Jena oder Berlin angeboten.

Angewandt wird das lateinische Alphabet – inklusive der Buchstaben Ą, Ć, Ę, Ł, Ń, Ó, Ś, Ź und Ż. Substantive werden klein geschrieben, außer bei Satzanfängen und Eigennamen. „Die Wortstellung im Satz ist flexibel“, sagt Annekathrin Genest. „Daher gibt es eine Deklinationspflicht für sämtliche Satzelemente. Einzelne Worte sind durch die daraus folgenden Lautwechsel und unterschiedlichen Endungen für Ungeübte nicht leicht zu identifizieren.“ Langweilig wird Polnisch-Lernern ohnehin nicht, denn siebe Fälle, drei Geschlechter und zahlreiche Konjugationen bieten genug Lernstoff für lange Winterabende. Im Polnischen haben sich zudem Reste des archaischen Duals, also einer dritten Kategorie neben Einzahl und Mehrzahl, erhalten. Angewendet wird diese heute noch auf einige Wörter, die in der Regel paarweise vorkommen, wie beispielsweise Hand/Hände.

Das moderne Polnisch wurde von alttschechischen, mittelhochdeutschen, lateinischen und griechischen Lehnwörtern beeinflusst. Es entwickelte sich aus dem Mittelpolnischen, das zwischen dem 9. und dem 16. Jahrhundert gesprochen wurde und seinerseits auf dem Altpolnischen fußte. Älteste Schriftzeugnisse sind die Namen polnischer Ortschaften und Personen, die 1136 in einer Bulle des Papstes Innozenz II. erwähnt wurden.

Im heutigen Polen wird grob zwischen sechs Dialekten unterschieden: Großpolnisch (Westen, Nordwesten), Masowisch (Warschau, Nordosten), Kleinpolnisch (Süden), Mischdialekte (Westen, Masuren), Kaschubisch (Region Danzig) und Schlesisch. „Skurril klingt für viele Polen speziell der Dialekt der Tatra-Bewohner, also der Goralen an der polnisch-slowakischen Grenze, obwohl er für unsere Ohren nicht stark von der Hochsprache abweicht“, weiß Genest. Ihr genereller Eindruck: Kommunikation funktioniert in der polnischen Sprache eher assoziativ-spontan als logisch-argumentativ, öfter in Andeutungen als direkt.

Link: http://www.berlin.polnischekultur.de