Traumjob Dolmetscher: „In jedem Auftrag steckt eine neue Herausforderung“

Was zeichnet einen Profi-Dolmetscher besonders aus? Was macht den Beruf so interessant? Lilian-Astrid Geese arbeitet als freie Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin in Berlin und kann auf viele Jahre Erfahrung zurückblicken. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Bereich Kunst und Kultur. Im Interview gibt sie spannende Einblicke in ihren Berufsalltag und wichtige Tipps für angehende Dolmetscher. Die Website von Lilian-Astrid Geese mit weiteren Informationen zur Person und ihrem Portfolio ist unter www.comunicada.de zu finden.

Wie sind Sie zum Dolmetschen gekommen und wie sah Ihre Ausbildung aus?

Durch mein Interesse an Sprachen, Kulturen und Kommunikation bin ich auf den Dolmetscher- und Übersetzerberuf gekommen. Zudem hatte ich eine Großmutter in Amerika, und mein Großvater war selbst als Dolmetscher in Frankreich tätig. Studiert habe ich an der Universität Mainz am Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaften in Germersheim. Heute arbeite ich als freie Übersetzerin und Dolmetscherin für Englisch, Französisch und Spanisch in Berlin, vor allem in den Bereichen Kunst, Kultur, Literatur, Film, Theater, Architektur, Mode und Design. Außerdem schreibe ich Rezensionen und Filmkritiken.

Was macht Ihnen an meisten Spaß an Ihrem Beruf?

Die Möglichkeit der Begegnung mit vielen Menschen, das Interkulturelle, Abwechslung und lebenslanges Lernen. In jedem Auftrag steckt eine neue Herausforderung. Ich beschäftige mich mit den verschiedensten Themen und erschließe gerne neue Arbeitsfelder.

Ich freue mich über Anerkennung und Dank der Zuhörer und Auftraggeber. Mit den Jahren entwickelt man Kompetenz und auch Routine, die das Leben in der Kabine oder mit dem Notizblock in der Hand entspannter machen. Sich Einlassen auf Neues ist dabei ebenso erfüllend wie das Erschließen von Bedeutung in den Worten anderer, die man wieder anderen vermittelt.

Wie steht es um notorische „Schnellsprecher“, Menschen mit undeutlicher Aussprache oder starken Akzent, die einem das Dolmetschen erschweren? Was macht man in einem solchen Fall?

Bei Schnellsprechern gilt es, die Nerven zu behalten und nicht zu vergessen, dass die Zuhörer beim Simultandolmetschen das Gesprochene verstehen wollen. In solchen Fällen muss man kondensieren und bewusst ruhig bleiben. Hier zahlt sich die sorgfältige Vorbereitung auf den Auftrag aus. Wenn man das Rede-Manuskript gelesen hat und kennt, das im ICE-Tempo runter gerasselt wird, ist die Chance selbst einen verständlichen Vortrag in der anderen Sprache zu bieten, weitaus größer als wenn man zum ersten Mal mit einer speziellen Thematik oder Terminologie konfrontiert wird.

Was Akzente angeht, da hört man sich ein. Seine Arbeitssprachen sollte man natürlich in so vielen Varianten wie möglich kennen, und zwar global, wie beispielsweise lateinamerikanische Versionen des Spanischen oder das Französisch der verschiedenen frankophonen Staaten Afrikas, Kanadas, Belgiens oder der Schweiz. Natürlich liegen einem die Akzente der Länder, in denen man gelebt hat oder die einem im Laufe der Karriere immer wieder begegnen, mehr. Und wenn einen doch mal ein Akzept so schafft, dass man wirklich kaum noch folgen kann, dann hilft Intuition, Routine und – wiederum – die gründliche Vorbereitung aufs Thema.

An welches berufliche Erlebnis denken Sie besonders gerne zurück?

So manch späte Stunde auf einer Bühne mit großartigen Künstlern, von denen ich so viele kennengelernt habe, dass ich kaum eine Auswahl treffen mag. Ein fantastischer Abend mit Nelson Mandela. Eine würdige Preisverleihung an Harold Pinter. Ein spannendes Gespräch zwischen Günther Grass und Salman Rushdie. Eine temperamentvolle Runde mit Isabel Allende. Hochinteressante Führungen bei der documenta. Glamour bei den Pressekonferenzen der Berlinale. Die Liste ist lang.

Was ist Ihr ganz persönlicher Tipp an diejenigen, die Dolmetscher oder Übersetzer werden wollen?

Man sollte vorher genau prüfen, ob einen nur die Sprachen interessieren oder ob man sich beruflich auf die Position eines Vermittlers orientieren möchte. In diesem Beruf lernt man nie aus, ist vermutlich nie perfekt, muss aber Perfektion immer anstreben.

Dolmetscher und Übersetzer sind meist zusätzlich auch Unternehmer, Manager und Promoter, denn dies ist ein freier Beruf. Der Markt ist zudem begrenzt und die Konkurrenz riesig, man kann es nur schaffen, wenn man wirklich professionell ist. Längere oder häufige Auslandsaufenthalte sind eine gute Sache. Außerdem empfehle ich eine solide übersetzerische oder dolmetscherische Ausbildung, am besten ein Studium. Schließlich gilt es neben der perfekten Beherrschung der Mutter- und Arbeitssprache einige Zusatzqualifikationen zu erwerben.