Die Sprachen unserer Nachbarn: Italienisch

von Anke Wilde

Im zweiten Teil unserer Serie Die Sprachen unserer Nachbarn, stellen wir euch heute die Sprache der Musik vor: Italienisch.

Kaum eine Sprache kann auf eine solche Tradition verweisen wie das Italienische. Seit über zwei Jahrtausenden schon prägt die Halbinsel im Mittelmeer die europäische Kultur- und Geistesgeschichte und inspiriert dazu noch mit ihrer Schönheit und ihren kulinarischen Genüssen. Ob Kaffeespezialität oder Pastavariation – kaum eine Sprache hat solche Spuren in den Bezeichnungen für Speisen und Getränke hinterlassen wie die italienische.

Definitiv einfacher als Latein

Das Italienische ist aus dem so genannten Vulgärlatein hervorgegangen, der Sprache also, die einst in der Bevölkerung des Römischen Reichs verbreitet war. Als Sprache des Alltags war das Vulgärlatein freilich deutlich einfacher als das hochstilisierte Schriftlatein, das beispielsweise durch die Werke Ciceros, Cäsars und Vergils überliefert ist.

Aus dem Lateinischen hat sich das Italienische vor allem die Konjugation der Verben bewahrt. Die Fälle bei den Substantiven hingegen hat es abgeschafft – dafür gibt es schließlich auch Präpositionen, die den Ballast von Endungen hinfällig machen. Dennoch erlauben es die Präpositionen, die Anordnung der Worte im Satz recht frei anzugehen, so wie einst in der lateinischen Schriftsprache, aber auch in verschiedenen modernen europäischen Sprachen.

Im Gegensatz zum Deutschen und den slawischen Sprachen kennt das Italienische – wie die anderen romanischen Sprachen auch – bei den Substantiven nur zwei Geschlechter: das Maskulinum (männlich) und das Femininum (weiblich). Und während Verkleinerungen im Deutschen auf -chen und -lein immer ein Neutrum, also sächlich sind, können im Italienischen Verkleinerungen in beiden Geschlechtern gebildet werden, beispielsweise durch Anhängen des Suffixes -ino oder -ina.

Die Sprache Dantes, Petrarcas und Boccaccios

Über die gesamte Italienische Halbinsel werden viele unterschiedliche Dialekte gesprochen. Grob werden diese als nord-, zentral- und süditalienisch eingestuft. Die heutige standarditalienische Schriftsprache wurde sehr stark vom toskanischen Dialekt beeinflusst. Das liegt vor allem an den drei Übervätern der italienischen und überhaupt der europäischen Renaissanceliteratur: Dante Alighieri (1265-1321), Francesco Petrarca (1304-1374) und Giovanni Boccaccio (1313-1375) verwendeten für ihre Werke den Dialekt von Florenz.

Ihre Anfänge nahm die italienische Literaturgeschichte bereits am Hof des staufischen Kaisers Friedrichs II. in Sizilien. Dort trafen christliche, jüdische und muslimische Gelehrte aufeinander, und sowohl die Wissenschaft als auch die Kunst erfuhren hier eine hohe Wertschätzung. Hier entstand vermutlich das Sonett als Dichtform, und die “Scuola siciliana”, die “Sizilianische Schule”, ging in die Literaturgeschichte ein und beeinflusste auch Dante.

Der kulturelle Einfluss Italiens

Gerade im ausgehenden Mittelalter und natürlich auch in der Renaissance gehörten italienische Städte wie Florenz, Rom, Neapel und Venedig zu den Dreh- und Angelpunkten des Fortschritts und der Künste in Europa. Entsprechend wurden viele Wörter neu geprägt, oft mit Hilfe von lateinischen Begriffen. Viele dieser Wörter wurden zu Internationalismen und sind als Lehnwörter in vielen anderen Sprachen vorhanden. Vor allem in Gelddingen existieren im Deutschen etliche Wörter italienischen Ursprungs, zum Beispiel “Kasse”, “Kredit” und “Skonto”. Auch in der Musik und den bildenden Künsten gibt das Italienische die Sprache vor: Tempobezeichnungen wie “Adagio” und “Andante” sind italienisch, ebenso wie “Fresko”, “Pastell” und “Sgraffito”. Und nicht zu vergessen die kulinarischen Spezialitäten und deren Namen, die vor allem italienische Einwanderer in ihre neue Heimat brachten.

Trotz dieses Einflusses auf andere Sprachen gestaltete sich die Schaffung einer italienischen Einheitssprache als schwieriges Unterfangen. Diese erfolgte erst im 19. Jahrhundert in der Zeit des Risorgimento, das heißt der Nationalbewegung in Italien. Zu dieser Zeit waren noch mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Analphabeten. Besondere Leistungen bei dieser Vereinheitlichung erbrachten der romantische Dichter Giacomo Leopardi und der Romanautor Alessandro Manzoni.

Heute sprechen etwa 65 Millionen Menschen weltweit Italienisch als Muttersprache, davon knapp zehn Millionen außerhalb Italiens.

 

Weiterführende Links:

Italienischer Spracheinfluss – http://www.linguaemundi.info/etymologische-wanderungen/italienischer-spracheinfluss/

Sprachbeschreibung Italienisch – https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/sprachbeschreibung_italienisch.pdf