Integrationskurse als Aufgabe: „Spaß am Unterrichten, viel Geduld und Empathie“
Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland. Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und speziell die ersten Monate bedeuten für Zuwanderer eine große Umstellung. In Integrationskursen lernen sie die Grundlagen der deutschen Sprache. Außerdem werden ihnen Kenntnisse zur hiesigen Rechtsordnung, Kultur und Gesellschaft vermittelt. Am Ende des Kurses legen die Teilnehmer eine Prüfung ab, in der sie zertifizierte „ausreichende Sprachkenntnisse“ nachweisen. Zuständig für Lerninhalte und Durchführung von Integrationskursen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Inga Opitz, Projektmitarbeiterin im Bereich Bildungsprogramme der Deutschen Welle, war zuvor unter anderem als Autorin für Babbel und Dozentin für Deutsch als Fremdsprache tätig. Zwischen 2010 und 2015 führte sie Integrationskurse an Sprachschulen in Berlin durch. Im Sprachennetz-Interview spricht die Germanistin und Lateinamerikanistin über die Freude und die Herausforderungen, die diese Aufgabe mit sich bringt.
Wie kam es dazu, dass Sie Integrationskurse gaben?
Ich habe mich während meines Studiums dazu entschlossen, ein Zusatzstudium im Bereich Deutsch als Fremdsprache anzufangen, da ich neben der ganzen Theorie auch etwas Praxisorientiertes machen wollte. So habe ich schon während des Studiums damit begonnen, Deutsch zu unterrichten. Später habe ich dann die Zulassung für Integrationskurse erworben.
Hat Ihnen die Aufgabe Spaß gemacht?
Ja, sehr! Die meiste Zeit habe ich an einer Sprachschule in Berlin kleine Gruppen mit maximal zwölf Schülerinnen und Schülern aus aller Welt unterrichtet, das war eine tolle Gruppengröße. Ich habe sehr viel aus dieser Zeit mitgenommen und viele interessante Menschen kennengelernt. Es war jedes Mal faszinierend zu beobachten, wie schnell die Gruppen Fortschritte gemacht haben, da die Kurse ja sehr intensiv sind. Am Anfang hast du dich noch mit Händen und Füßen verständigt und ein paar Monate später konnte man sich mit den meisten TeilnehmerInnen schon problemlos auf Deutsch unterhalten.
Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für Zuwanderer im Alltag und Beruf. Können Sie ein Beispiel geben, wie die Vermittlung der deutschen Sprache und von Kenntnissen über das Land im Kurs Hand in Hand gehen?
Kenntnisse über das Land waren eigentlich immer ein Thema – einmal natürlich durch den Unterrichtsstoff der Lehrwerke und die Orientierungskurse am Ende der Integrationskurse, aber vor allem auch wegen der Gespräche im Kurs. Die Schüler haben von sich aus viele Fragen gestellt und wir haben viel über ihre Erfahrungen in Deutschland und auch die Unterschiede in ihren verschiedenen Herkunftsländern gesprochen. Ich habe dabei selbst viel gelernt. Außerdem habe ich mit jedem meiner Kurse Exkursionen gemacht – wir haben gemeinsam Museen, Gedenkstätten und den Reichstag besichtigt oder einfach Rallyes durch Berliner Kieze gemacht. Das hat immer sehr viel Spaß gemacht!
Welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten galt es zu lösen?
Eine besondere Herausforderung war die Heterogenität der Gruppen: Zum Teil sitzen Lernende, die nur wenige Jahre die Schule besucht haben, mit Studierenden oder promovierten Akademikern im gleichen Kurs und haben natürlich ganz unterschiedliche Bedürfnisse und ein ganz anderes Lerntempo. Das Gleiche gilt für die Ausgangssprachen: Für englischsprachige Lernende etwa ist es meist einfacher, Deutsch zu lernen, als für Schülerinnen und Schüler, die nicht lateinisch alphabetisiert sind oder Sprachen sprechen, die eine ganz andere Grammatikstruktur aufweisen. Und auch das unterschiedliche Alter spielt eine große Rolle. Da muss man aufpassen, dass man niemanden verliert oder unterfordert. Binnendifferenzierung ist da also das große Stichwort. Ansonsten gab es in den Gruppen meist einen sehr guten Zusammenhalt. Selten sind SchülerInnen aufgrund verschiedener kultureller Hintergründe oder unterschiedlicher Ansichten aneinander geraten.
Wer eignet sich als Lehrkraft für Integrationskurse und was geben Sie angehenden Kursleitern mit auf den Weg?
Ich denke, wer anderen Kulturen gegenüber aufgeschlossen ist, Spaß am Unterrichten hat und gern mit Erwachsenen arbeitet, bringt die wichtigsten Voraussetzungen für den Job mit. Natürlich braucht man auch viel Geduld und Empathie, vor allem jetzt, wo viele geflüchtete Menschen Integrationskurse besuchen. Gleichzeitig sollte man sich selbst aber auch Grenzen setzen und aufpassen, nicht in die Rolle des Sozialarbeiters oder Psychologen zu rutschen, sondern lieber in Fällen, wo professionelle Hilfe gebraucht wird, an Experten weitervermitteln. Wichtig finde ich außerdem, den Unterricht gemeinsam mit den Lernenden zu gestalten, auf ihre Wünsche und Interessen einzugehen und viel Raum für Konversation und interkulturellen Austausch zu lassen.
Allgemeine Informationen über Integrationskurse:
https://www.berlin.de/ba-neukoelln/vhs/kursprogramm/deutsch-als-zweitsprache/integration.html
Bundesweite Suche nach Integrationskurs-Angeboten:
http://www.bamf.de/SiteGlobals/Functions/WebGIS/DE/WebGIS_Integrationskursort.html?nn=1368284
Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Integrationskurs-Lehrkraft:
http://www.bamf.de/DE/Infothek/Lehrkraefte/Zulassung/zulassung.html