Kulturvermittler Italien – Festivals von Sommer bis Herbst

Zuschauer und Bühne in der Arena von Verona bei NachtRenaissance heißt Wiedergeburt. Die französische Herkunft des Namens für den Beginn der Neuzeit soll aber nicht täuschen: Europas Kultur erneuerte sich von Italien aus, nach den frommen, bescheidenen Jahrhunderten des Mittelalters. Ab Ende des 14. Jahrhunderts besannen sich vor allem italienische Künstler auf die griechische und römische Antike. Die Themen und Formen antiker Kunst inspirierten Schriftsteller wie Dante Alighieri („Göttliche Komödie“), Maler wie Leonardo da Vinci („Mona Lisa“), Bildhauer wie Michelangelo („David“). Deshalb begeistert „Bella Italia“ seit Jahrhunderten Menschen aus dem Ausland mit seinen Errungenschaften in Architektur und Bildender Kunst. Doch Italien versteht es auch, Kultur zu einem umfassenden sinnlichen Genuss für die Menschen zu machen, bei seinen zahlreichen Festivals, denn Kultur braucht eine Bühne.

Die Biennale von Venedig

Jedes Jahr von Sommer bis Herbst präsentiert Italien auf verschiedenen Festivals italienische und ausländische Kunst. Dass Kunstwerke vor allem in lebendiger Diskussion und anschaulicher Darstellung begeistern – auch das verstanden die Italiener mit als die ersten. 1895 fand in Venedig zum ersten Mal die „Biennale di Venezia“ statt: eine alle zwei Jahre stattfindende Ausstellung zeitgenössischer Kunst, zunächst ausschließlich mit Werken aus Malerei und Bildhauerei (das lateinische Ursprungswort „biennium“ bezeichnet einen Zeitraum von zwei Jahren). Die „Biennale di Venezia“ wurde zum Muster für alle folgenden Biennalen weltweit, etwa jenen im brasilianischen São Paulo und in Paris. Den Entschluss zu einer Biennale hatte der Stadtrat von Venedig zwei Jahre zuvor gefasst, um die heimische Kunst zu präsentieren, lud dann aber rasch andere Nationen zur Teilnahme ein. Deutschland etwa nimmt seit Beginn an der Biennale teil, seit 1909 mit einem eigenen Pavillon.

Über die Jahrzehnte gesellten sich weitere kulturelle Sparten zur „Biennale di Venezia“: Musik, Film, Architektur und Tanz. Die durch Fernsehen und Zeitung weit bekannten „Internationalen Filmfestspiele von Venedig“ finden seit 1932 im Rahmen der „Biennale di Venezia“ statt – und das im Unterschied zu den Schauen in Architektur und Bildender Kunst jedes Jahr. Das älteste Filmfestival der Welt dauert 2014 vom 27. August bis 6. September. Auch die Architektur präsentiert sich in diesem Jahr: Die 14. Internationale Architektur-Biennale öffnete ihre Tore am 7. Juni und endet am 23. November. Die Bildende Kunst präsentiert sich erst wieder 2015.

Kulturfestivals im ganzen Land

Wer Kultur an anderen Orten Italiens erleben möchte, hat dazu den Sommer über zahlreiche Gelegenheiten. 1958 gründete der Komponist Gian Carlo Menotti das „Festival dei Due Mondi“ in Spoleto, einer Stadt mittlerer Größe, 130 Kilometer nördlich von Rom gelegen. Der derzeitige künstlerische Direktor Giorgio Ferrara sieht im Theater einen Schwerpunkt des jährlich stattfindenden Festivals. Bis Mitte Juli dieses Jahres war deshalb unter anderem der französische Schauspieler Gerard Depardieu im Zwei-Personen-Stück „Love letters“ zu sehen. Ursprünglich profilierte sich das Festival allerdings mit der Wiederaufführung vergessener Opern.

Die Oper in ihrer Heimat genießen

Mit der Erfindung der Oper versetzte Italien die gesamte musikalische Welt in einen Rausch. Die Oper entstand im Florenz des 16. Jahrhunderts. Wie in Literatur, Architektur und Malerei zeigen sich auch in der Gattung Oper altertümliche Wurzeln: In der griechischen Antike kommentierte ein Chor singend das Geschehen im Drama. Das Zusammenspiel von Musik und Wort prägt die Oper; je nach Epoche und Künstler erfuhr einer der beiden Bestandteile mehr Gewicht. Jacopo Peris „La Dafne“ von 1597 gilt als erste Oper überhaupt. Ihm folgten Komponisten wie Claudio Monteverdi und Francesco Cavalli im 17. Jahrhundert, bis die Oper im 19. Jahrhundert mit Guiseppe Verdi ihren Höhepunkt erreichte. Opern-Hauptstadt war damals bereits Paris, doch Verdis Name steht symbolisch für Italiens Verdienst um die Oper. Der Gefangenenchor „Va, pensiore, sull’ali dorate“ aus Verdis Oper „Nabucco“ gilt als heimliche Nationalhymne Italiens.

Der Oper und insbesondere Guiseppe Verdi huldigt die Stadt Verona in Norditalien seit mehr als hundert Jahren beim Festival in der Arena di Verona, einem Amphitheater. Die Arena ist sogar rund 50 Jahre älter als das weltweit bekannteste Amphitheater, das Kolosseum in Rom, wenn auch kleiner. Ein Museum vor Ort informiert seit 2012 über die Geschichte der Arena und des Opernfestivals. Beim diesjährigen Festival werden noch bis zum 7. September an mehreren Aufführungsabenden sechs Opern und drei besondere Events präsentiert, darunter Verdis „Aida“ und Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“. Für Puccini, ebenfalls Italiener und weltweit bekannt für seine Opern, haben die Italiener sogar ein eigens nach ihm benanntes Festival ins Leben gerufen: Im Juli und August findet das Puccini-Festival nahe des Lago di Massaciuccoli in der Toscana statt.

Mit seinen Festivals kommt Italien unterschiedlichen künstlerischen Vorlieben entgegen. Für wen  Urlaub gleichbedeutend mit kulturellen Erlebnissen ist, findet in Italien wahrscheinlich seine zweite Heimat.