Auch eine Frage der Politik: Fremdsprachen ab Klasse 1?
„Kinder sollten schon in der Grundschule ab der ersten Klasse Fremdsprachen lernen”, erklärte der EU-Kommissar für Energie, Günther Hermann Oettinger (CDU), in der Bild-Zeitung. Er fände es gut, wenn es in der ganzen Europäischen Union so wäre und unterstützt einen entsprechenden Vorschlag mit dem Ziel, dieses Vorhaben EU-weit umzusetzen. Momentan gibt es keine einheitliche Regelung.
Seit 1995 heißt das erklärte sprachpolitische Ziel der Europäischen Kommission laut dem „Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung – Lehren und Lernen – Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft“, dass jeder Schulabgänger in der EU drei Sprachen der Gemeinschaft berufstauglich beherrschen sollte. Weiter sei es wünschenswert, mit dem Sprachenlernen im Kindergarten spielerisch zu beginnen, es in der Primarstufe systematisch fortzusetzen und die zweite Fremdsprache in der Sekundarstufe zu erlernen.
Die Praxis sieht anders aus: Laut EU-Kommission ergaben Tests von 2012, dass nur 42 Prozent der jugendlichen Schüler in 14 europäischen Ländern ihre erste erlernte Fremdsprache wirklich beherrschen. Eine EU-Umfrage des Eurobarometers zeigte jedoch, dass die meisten EU-Bürger dem Fremdsprachenunterricht in Schulen einen hohen Stellenwert beimessen, speziell in Hinblick auf die Zukunft ihrer Kinder.
Die EU-Ziele und Oettingers Forderung nach einem frühen Start gründen auf der Ansicht vieler Sprachforscher, nach der Kindern das Fremdsprachenlernen besonders leicht fällt und man dieses Potenzial nutzen müsse. In Deutschland beginnt der Erwerb in der Grundschule ab Klasse 1, 2 oder 3 – meist mit Englisch. Zwölf Bundesländer bieten Pflichtunterricht oder machen Angebote für die erste Klasse.
Der Anglist und Sprachwissenschaftler Professor Henning Wode plädiert für eine intensive frühe Immersion und empfiehlt, Kinder schon in der Kita in ein fremdsprachliches Umfeld zu versetzen und dabei die Fremd- zur Alltagssprache zu machen. So werde eine intuitive, natürliche Aneignung ermöglicht. “Je früher sie beginnen, desto besser”, sagt Wode. Der Fremdsprachenerwerb sollte spätestens ab Klasse 1 beginnen. “Am erfolgreichsten sind die Kinder, die schon in der Kita damit anfangen.”
Deshalb kann Wode nicht nachvollziehen, das die verantwortlichen Bildungspolitiker in Deutschland nicht flächendeckend auf frühe Immersion setzen. “Das wird nur klappen, wenn die Eltern Druck auf die Politik ausüben”, meint der Sprachforscher. “Veranstaltungen wie die Expolingua bieten Eltern wichtige Informationen zum frühen Fremdsprachenerwerb.”
Informationen zum frühkindlichen Fremdsprachenerwerb:
fmks-online.de
Eurobarometer Studie