Okzitanisch – Das andere Französisch
In Frankreich wurde nicht immer nur Französisch gesprochen. Über viele Jahrhunderte sprachen die Menschen im Süden des Landes l’Occitan, das Okzitanisch. Dabei handelt es sich nicht um eine Variante oder einen Dialekt des Französischen: Okzitanisch ist eine so genannte galloromanische Sprache und blieb relativ unberührt von fränkischen Einflüssen. Sowohl das Französische als auch Okzitanisch haben sich unabhängig voneinander aus dem Lateinischen entwickelt.
Als natürliche Grenze der beiden Sprachräume in Frankreich gilt die Loire. Südlich des Flusses bildete sich die Langue d’Oc, das Okzitanische aus, nördlich davon die Langue d’Oïl, das weitgehend dem heutigen Französisch entspricht. Diese Bezeichnungen rühren von der unterschiedlichen Schreibweise des Wortes Ja her. Oïl steht für die altfranzösische Variante des oui; oc ist eine Abwandlung des lateinischen Partikels hoc. Das Okzitanische hat auch heute noch zahlreiche Dialekte, die sich in drei Gruppen einteilen lassen: Provenzalisch, Languedokisch und Gaskognisch.
Ihre Blüte erlebte das Okzitanisch im Mittelalter. Dort war sie die Sprache der Troubadoure und beeinflusste die Dichtkunst in ganz Europa zu dieser Zeit. Aber auch im alltäglichen Leben hatte die Sprache einen hohen Stellenwert.
Die Bedeutung des Okzitanischen im Alltag verschwand mit dem Erlass Ludwig XIV., Okzitanisch als Unterrichtssprache an den öffentlichen Schulen abzuschaffen. Mit der Französischen Revolution ab 1789 verlor die Regionalsprache weiter an Bedeutung. Der öffentliche Diskurs wurde auf Französisch geführt, das Bildungswesen wurde zentral von Paris aus organisiert und bediente sich der französischen Sprache.
Okzitanisch Heute
Nach langen Jahrzehnten der Vernachlässigung erlebte das Okzitanisch schließlich ein Comeback. Bereits im 19. Jahrhundert setzten sich Künstler und Intellektuelle für den Erhalt der Sprache ein, indem sie die alten Texte und Lieder studierten. Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts einigte man sich dann auf verbindliche Regeln für die Grammatik der Sprache.
Heute wird Okzitanisch wieder an Universitäten gelehrt und an Schulen als Wahlfach angeboten. Es gibt sogar spezielle zweisprachige Privatschulen, in denen den ganzen Tag Okzitanisch unterrichtet wird. Insgesamt lernen 70.000 französische Schülerinnen und Schüler jährlich Okzitanisch.
Im privaten Umfeld wird die Sprache im Süden Frankreich heute von etwa 2 bis 3 Millionen Menschen gesprochen. Als allgemeine Alltags- und Kommunikationssprache wird sie jedoch in keinem zusammenhängenden Gebiet mehr benutzt. Zudem existiert zwar eine umfassende Schriftsprache, die zum Teil auch im Schulunterricht verwendet wird, allerdings findet diese nicht bei allen Sprechern Anerkennung.
Eine detaillierte Betrachtung der okzitanischen Sprache findet sich auf den Seiten der Universität Freiburg.
Die Website Lexilogos bietet ihrerseits eine sehr umfangreiche Linksammlung zum Occitan und seiner einzelnen Dialekte.