Film ab! – Das französische Kino
Die Filmkunst in Frankreich kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Als Wiege des Kinos haben französische Filmschaffende dem Medium Film nicht nur einen weltweiten Siegeszug verschafft. Neue Stilrichtungen und unkonventionelle Erzählweisen wirkten ebenso maßgebend wie stilbildend in der internationalen Filmgeschichte.
Die Brüder Auguste und Louis Lumière gelten als die Erfinder des Kinofilms. Im Jahr 1895 stellten sie mit ihrem innovativen Cinématographe erstmals bewegte Bilder einem ausgewählten Publikum vor. Ende des selben Jahres fand in Paris die erste öffentliche Filmvorführung statt. Das Debütwerk mit dem klingenden Namen L’Arrivée d’un train en gare de La Ciotat (Ankunft eines Zuges im Bahnhof von La Ciotat) lockte 35 zahlende Zuschauer in den Vorführsaal – und jagte sie im Angesicht eines heranrasenden Zuges panisch von den Sitzen. Die Kinoindustrie entwickelte sich nach anfänglich sporadischen Kurzfilmvorführungen rasant. Bereits nach kurzer Zeit zogen die überwiegend im dokumentarischen Stil gefilmten Produktionen tausende von Menschen regelmäßig in die Lichtspielhäuser. Dank der fehlenden Sprachbarriere von Stummfilmen gelang der weltweite Export französischer Filme. In der Frühphase dieser Epoche kamen schätzungsweise 80 Prozent aller Filme aus Frankreich.
Vor allem seit dem Ende der fünfziger Jahre war das französische Kino stilprägend für den internationalen Film. Als Wegbereiter der Nouvelle Vague durchbrachen Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und Francois Truffaut mit ihren Werken die biedere Langeweile kommerzieller Studiofilme. Kantige Antihelden, ungewöhnliche Erzählstrukturen und realistische Filmtechniken ersetzten die distanzierte Künstlichkeit vorheriger Kinoproduktionen. Mit Filmen wie À bout de souffle (Außer Atem), Jules et Jim (Jules und Jim) und Le beau Serge (Die Enttäuschten) bescherten die Meisterregisseure nicht nur dem französischen Kino einen ungeahnten Erfolg. Auch damals noch unbekannte Jungstars wie Jean-Paul Belmondo und Jeanne Moreau wurden im Zuge des Neuen Französischen Films zu weltbekannten Schauspiellegenden.
Das Konzept der Nouvelle Vague hielt sich in seiner ursprünglichen Form nur bis Mitte der sechziger Jahre. In den folgenden Jahren wurde es ruhig um den französischen Film. In Deutschland ist diese Phase am ehesten durch zahlreiche Klamaukfilme von und mit Louis de Funés bekannt. Von der Balduin-Reihe über die Fantômas-Filme bis zum legendären L’aile ou la cuisse (Brust oder Keule) präsentierte der kleine Mustercholeriker massentaugliche Unterhaltung.
Eine neue Welle des französischen Kinos brachte in den achtziger Jahren moderne Klassiker wie Le grand bleu (Im Rausch der Tiefe), 37°2 le matin (Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen) und Les Amants du Pont-Neuf (Die Liebenden von Pont-Neuf) hervor. Doch die Übermacht Hollywoods bekam auch der französische Film nachhaltig zu spüren. So ging der Anteil der französischen Produktionen in der Zuschauergunst vor allem in den achtziger und neunziger Jahren stetig zurück. Als Höhepunkte dieser Periode gelten insbesondere der Überraschungserfolg La cage aux folles (Ein Käfig voller Narren) und der alterslose Kultfilm aller Teenies La boum (La Boum – die Fete). In den neunziger Jahren hinterließen vor allem Delicatessen, La haine (Hass) und Le cinquième élément (Das fünfte Element) bleibenden Eindruck bei den Zuschauern.
Das französische Kino hat in den letzten Jahren mit weltweiten Erfolgen wie Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amélie), dem Drama Les choristes (Die Kinder des Monsieur Mathieu), der oscarprämierten Piaf-Biografie La môme (La vie en rose) und dem Studentenfilm L’auberge espagnole einen erneuten Aufschwung erfahren. Im internationalen Ansehen gelten französische Produktionen nach wie vor als qualitativ hochwertig und richtungsweisend. Dank einer jahrzehntelangen filmischen Erzähltradition, talentierter Jungschauspieler, unkonventioneller Regisseure und einem besonderen Sinn für Ästhetik und Avantgarde wird das französische Kino auch in Zukunft sein Publikum zu erobern wissen, selbst über die Grenzen Frankreichs hinaus.
Einen kleinen Überblick über die französische Filmgeschichte bis zu den siebziger Jahren gibt die Seite von 35 Millimeter.
Die Website der Rélations Franco-Allemandes hat zum Thema Französischer Film eine ausgewählte Linksammlung für Interessierte zusammengestellt.
Aktuell im Kino sind übrigens: Paris, Paris – Monsieur Pigoil auf dem Weg zum Glück und immer noch die Erfolgskomödie Willkommen bei den Sch’tis. Weiter Filme mit Kritiken und Trailern auf unserer Seite: http://www.französischerfilm.de