Die Sprache unserer Nachbarn: Indonesisch
von Anke Wilde
Im sechsten Teil unserer Serie Die Sprachen unserer Nachbarn, stellen wir euch heute Indonesisch vor.
Das Indonesische gilt als eine der am leichtesten zu erlernenden Sprachen der Welt. Es ist der Beweis dafür, dass der grammatische Ballast, den viele andere Sprachen mit sich herumschleppen, eigentlich nicht nötig ist. Deklinierte Substantive, konjugierte Verben – Fehlanzeige. Selbst die Zeitformen werden im Indonesischen auf die einfachste Weise gebildet: Man nehme den Infinitiv eines Verbs und setze ein Zeitwort davor, zum Beispiel „kemarin“ (gestern) oder „besok“ (morgen), oder das Hilfsverb „akan“ (werden), das natürlich ebenfalls im Infinitiv steht. Sprache kann so einfach sein.
Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist das Indonesische eine Variante der malaiischen Sprache, ebenso wie das Malaysische, das jenseits der Straße von Malakka in Malaysia und in Singapur gesprochen wird. Wegen ihrer unterschiedlichen Kolonialgeschichte jedoch – Malaysia und Singapur gehörten zur britischen Krone, Indonesien zu den Niederlanden – gibt es inzwischen einige Unterschiede zwischen den beiden Varianten. Gerade im technischen und administrativen Bereich entlehnten sie beide Wörter aus den Sprachen der Kolonialherren. Ein viel zitiertes Beispiel ist der Auspuff, der im Malaysischen „ekzos“ (von englisch: „exhaust“) und im Indonesischen „knalpot“ heißt (was im Niederländischen allerdings „Schalldämpfer“ bedeutet). Trotz dieser Unterschiede bemühen sich die beiden Länder jedoch um Einheitlichkeit und verwenden darum eine einheitliche Orthographie.
Das Malaiische als Ausgangssprache des Indonesischen wiederum gehört zur malayo-polynesischen Sprachfamilie. So wie die indoeuropäischen Sprachen ihre Wurzeln vermutlich irgendwo in der Nähe des Schwarzen Meeres haben, liegen die Ursprünge der malayo-polynesischen Sprachfamilie auf der Insel Taiwan. Von dort aus breiteten sich die Sprachen dieser Familie über mehrere Jahrtausende in Südostasien und Ozeanien bis nach Madagaskar im Westen und zur Osterinsel im Osten aus.
Sprachpolitik für die politische Einheit Indonesiens
Seit der Unabhängigkeit Indonesiens im Jahr 1945 ist das Indonesische, die „Bahasa Indonesia“, die offizielle Nationalsprache. Obwohl es für die meisten Bewohner Indonesiens nur Zweit- oder Fremdsprache ist und nur etwa ein Fünftel der Indonesier es auch als Familiensprache verwendet, so kann man ihm als Sprache der Politik und der Verwaltung, der Medien und des Bildungssystems immensen Erfolg bescheinigen. Mehrere hundert Ethnien leben in dem riesigen Archipel, der aus mehr als 17.000 Inseln besteht. Das Indonesische bietet ihnen die Möglichkeit, sich mit den anderen Einwohnern des Staates zu verständigen. Auch als Literatursprache hat es sich etabliert. Autoren wie Andrea Hirata, Eka Kurniawan und ihre Kollegin Ayu Utami, deren Werke in viele Sprachen übersetzt wurden, veröffentlichen ihre Werke auf Indonesisch.
Dass die Vordenker und Begründer der indonesischen Nation sich Anfang des 20. Jahrhunderts für das Malaiische und nicht für das Javanische als einheitliche Nationalsprache entschieden haben, war eine kluge Entscheidung. Zwar ist das Javanische die Muttersprache von beinahe der Hälfte aller Indonesier und hätte sich damit ebenfalls als Amtssprache angeboten. Zwei wichtige Argumente sprachen jedoch dagegen. Zum einen ist das Javanische eine ständisch geprägte Sprache, was sich darin zeigt, dass es je nach sozialem Status einer Person eine bestimmte Art und Weise ihn anzusprechen gibt. Das Malaiische hingegen ist sehr egalitär – alle werden gleich angesprochen.
Darüber hinaus liegt die indonesische Hauptstadt Jakarta auf der Insel Java, und mit dem Javanischen als Hauptsprache wäre die Gefahr einer Spaltung zwischen politischem Zentrum und Peripherie sowie zwischen den javanischen Muttersprachlern und den anderen Bewohnern Indonesiens zu groß gewesen. Das Malaiische hingegen diente in dem inselreichen Gebiet zwischen dem Indischen und dem Pazifischen Ozean, in dem der Handel blühte, schon seit vielen Jahrhunderten als Verkehrssprache. Und zwar nicht nur, um Waren feilzubieten, sondern auch, um beispielsweise Religionen zu verbreiten, etwa die indischen Religionen, ab dem 14. Jahrhundert den Islam und später auch das Christentum.
Indonesische Lehnwörter im Deutschen
Auch in unserem Wortschatz haben das Indonesische bzw. das Malaiische ihre Spuren hinterlassen. Dazu gehören Wörter wie Gong, Amok, Sago und Orang-Utan, wobei „orang“ nicht etwa für die Farbe steht, sondern für das indonesische Wort für „Mensch“ – der Menschenaffe wird im Indonesischen nämlich als „Waldmensch“ bezeichnet. Und auch die Bezeichnung für die tomatenhaltige Grillsauce verdanken wir dem Mailaiischen. Das Wort „Ketchup“ findet seinen Ursprung nicht etwa in der Heimat der Tomate in Mittel- und Südamerika oder in den Schnellrestaurants von Nordamerika, sondern in den würzigen Sojasaucen („kecap“) aus dem Südosten Asiens.
Hinweis:
Minisprachkurs zum Indonesischen “Selamat datang di Indonesia – Willkommmen in Indonesien!” auf der EXPOLINGUA Berlin am Samstag, 17. November, 2018 um 15:00 Uhr
Musik mit nur ein bisschen Schütteln! Workshop für indonesische Angklung-Musik am Samstag, 17. November, 2018, um 13:00 Uhr
Aussteller: