Französisch lernen durch Theater

© Thealingua

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Thealingua fördert das Erlernen der französischen Sprache durch Theater, indem es die Fremdsprache als Werkzeug benutzt und der Französischunterricht zu einer Bühne verwandelt wird. Wie das genau aussieht, können Schüler und Lehrer auf der Expolingua Berlin 2016 in einem Workshop erfahren.

 

Was sind die Vorteile des Lernens einer Sprache durch Theater?

Erstens ganz klar: die Angst, eine Sprache zu lernen, verschwindet. Zweitens bringt das Theater das Fremde näher. Denn Theater hilft beim Grenzen überschreiten, Ängste und Unsicherheiten  überwinden, Selbstvertrauen stärken, Selbstbewusstsein entwickeln, Persönlichkeit entfalten und Verantwortung übernehmen. Drittens öffnet man sich gegenüber anderen leichter. Das ist wichtig. Das lernt man in keinem Kurs. Und viertens teilen alle ein Erlebnis zusammen: Zusammen zu sein beim Lernen, Arbeiten, Erfahren, Erleben – auch das ist sehr wichtig.

Wie arbeiten Sie mit Schulen und Lehrkräften zusammen? Wie gestaltet sich ein Workshop?

Es gibt zwei Workshops, einen für Schüler und einen für Lehrer. Der Schüler-Workshop ist manchmal nur eine Projektstunde, dauert manchmal aber auch einen ganzen Tag lang. Wir spielen, diskutieren, bringen Ideen zusammen und am Ende führen wir ein Gedicht auf. Manchmal haben wir auch Schülergruppen ein ganzes Jahr lang (70 Stunden, im Rahmen der Kooperation mit der Schule) – je nachdem, was von einem Workshop erwartet wird. Die Inszenierung bzw. Aufführung ist nicht unbedingt das Ziel unseres Workshops. Es geht vielmehr darum:

  • Französisch mal anders zu erleben
  • Spontanität beim Sprechen zu entwickeln
  • den Klang der Sprache zu erlernen
  • ein Theaterstück zu spielen

Das wird vor allem an folgendem Beispiel deutlich: Eine Lehrerin wollte mit einer Schulklasse nach Frankreich fahren. Die Schüler hatten zwar zwei Jahre Französisch gelernt, aber noch nie mit einem Muttersprachler gesprochen. Dank einer Zusammenarbeit mit uns, konnten zwei Ziele erreicht werden: Wir haben ein Theaterstück entwickelt, dass sie in Frankreich aufgeführt haben, und sie haben mit uns viel gesprochen, Französisch-Muttersprachlern zugehört und sich daran gewöhnt. Durch das Theaterprojekt kann so beim Sprechen Spontanität entwickelt werden.
Beim Workshop, der über ein Jahr lang geht, entwickeln wir  zusammen mit dem Französischlehrer einen Arbeitsplan, weil dann dieses Projekt zum Schuljahr gehört. Alle Aspekte des Fremdsprachenlernens müssen entsprechend benotet werden. Wenn schließlich die Ergebnisse bekannt sind, diskutieren wir und alle sind überrascht, wie viel sie spielerisch gelernt haben. Die Schüler äußern ihre Meinungen, indem sie sich selbst bewerten.
Der Lehrerworkshop ist eine Art Fortbildung. Wir stellen verschiedene Methoden dar, zeigen Theaterübungen, die auch professionelle Schauspieler zum Training oder Aufwärmen benutzen, und wie man diese variieren und an den jeweiligen Sprachunterricht anpassen kann.
Wir verdeutlichen auch, dass die Methode ein Spiel ist, an dem man sowohl sprachlich als auch körperlich teilnimmt. Alles ist wichtig: der Körper der Lehrer, die Körper der Kinder, der Raum, die Ausstattung – alles spielt eine Rolle. Wir arbeiten ohne Tische und Stühle. Während des Unterrichts brauchen wir keine Bühne oder Publikum. Die Lehrer und Schüler stehen, sitzen oder bewegen sich frei im Raum. Manchmal stehen alle im Kreis, manchmal gegenüber in zwei Reihen, manchmal werden zwei Gruppen gebildet. Wir zeigen auch, wie Körpersprache funktioniert – genau wie im Schauspielstudium. Denn gute Schauspieler kommunizieren mit dem Körper. Diese Situation ist für viele Lehrer überraschend: ohne Tische und Stühle… Aber im informellen Kreis funktioniert der Lehr- und Lernprozess. Für viele Lehrer ist diese Methode neu, sie sammeln auf unseren Workshops neue Erfahrungen. Selbst wenn sie am Anfang skeptisch sind – es ist schwer zu akzeptieren, dass die Schüler keine Tische haben sollen – sind sie am Ende sehr motiviert und mit Freude dabei.

Für wen sind die Kurse besonders geeignet?

Die Kurse sind für alle geeignet. Aber realistisch gesehen haben die siebten und achten Jahrgangsstufen mehr Zeit dafür. Obwohl es gleichzeitig die komplizierteste Zielgruppe ist: Sie befinden sich in der Pubertät und sind eher verschlossen und schwer zu motivieren. Im Laufe der Zeit „öffnet“ sich nach und nach die ganze Klasse und die Schüler entwickeln eine andere, „schöne“ Atmosphäre. Darüber hinaus haben wir aber auch Projekte für die vierte oder die sechste Jahrgangsstufe – und auch für die Kita machen wir ein Märchen auf Französisch.
Für die Jahrgangsstufen 11 und 12 bieten wir drei bis viermal im Jahr Workshops an. Die Schüler sind reifer und gewissenhafter bei der Sache. Selbst wenn die Sprachanforderungen sehr hoch sind, lernen sie in drei Monaten sehr viel. Sie machen nicht nur mit, weil es eine Schulveranstaltung und somit Pflicht ist, sondern weil sie es wollen. Auch für Universitäten bieten wir Philosophie-Diskussionen im Theaterstück an.
Wir bereiten für jedes Alter etwas Eigenes vor. Von der großen Theaterwelt kann man verschiedene Werkzeuge nehmen und benutzen. Im vergangenen Jahr haben wir 60 Projekte mit Schülern und 18 Projekte mit Lehrern organisiert. Wir sind sechs Kollegen im Team. Alle Französisch-Muttersprachler. Kinder sind am Anfang immer überrascht, dass wir anders sprechen, als sie es gelernt haben.

Wie unterstützt bzw. motiviert diese Lehrmethode Sprachlerner, die Sprachenlernen eher als Herausforderung empfinden?

Wir lachen viel und arbeiten mit Spaß, Energie und Engagement. Es gibt zum Beispiel körperliche Motivation, sich beim Lernen zu bewegen, sich in der fremden Sprache nicht nur mit Wörtern, sondern auch durch die Körpersprache auszudrücken und zu spielen. Wir unterstützen auch die Arbeit der Lehrer. Wir sind nicht gegen die Standardmethode. Die Ziele sind dieselben, nur die Methoden sind verschieden. Ein Lehrer kann so auch mehr über seine Schüler erfahren. Das kann wiederum auch eine Hilfe für die Lehrer-Schüler-Kommunikation sein. Die Lehrer sind oft überrascht, wie die Schüler sich öffnen und mehr von sich zeigen. In der Gruppe findet jeder seinen Platz. Es ist ein kollektives Projekt, eine Teamarbeit, wo sich jeder damit beschäftigen darf, was ihm am meisten Spaß macht und wo man Talent hat. Nicht alle müssen die gleichen Rollen spielen. Wir organisieren ein Projekt nach dem Theatermodell: Einer ist ein Schauspieler für eine große Rolle, ein anderer spielt eine kleinere Rolle, einer ist Sänger, ein anderer Regisseur, einer Dramaturg… Wir analysieren die Individualitäten, und wir machen keinen Druck bei der Verteilung der Aufgaben. Jeder kann stolz auf sich sein. Hauptsache ist die Kommunikation und die Interaktion, auch während der Entwicklungs-, Diskussions- und Probephase: Nicht nur das Endprojekt ist wichtig. Spontanität, Dialoge, Verantwortung, Aussprache, Vokabeln, guter Akzent, Sprachmelodie – das alles  wird durch unsere Projekte geübt. Ziel ist es in der Fremdsprache kommunizieren zu können.

 

Auf der EXPOLINGUA Berlin 2016 wird Thealingua zwei Workshops anbieten, einen für Schüler und einen für Lehrer.

Damien Poinsard

Damien Poinsard

Damien Poinsard, der Leiter von Thealingua, leitet den Workshop für Schüler. Der Workshop führt ins theatralische Schaffen ein. Es soll ein Treffen von Kultur und Französisch mittels Theater sein, eine Einführung in das Schauspiel, mit dessen Hilfe Schüler vom Druck und Stress des Lernens befreit werden.

C’est la vie! Atelier de théâtre en français. Französisch durch Theater“: Workshop für Schüler mit Damien Poinsard von Thealingua auf Französisch am Freitag 25.11.2016 / 10:30-11:30 in der EXPO Werkstatt im Obergeschoss.

 

Marjone Nadal

Marjone Nadal

Majorie Nadal ist die Gründerin von Thealingua und leitet den Workshop für Lehrer. Durch diesen soll man Französisch mit Körper und Verstand lernen, lesen und schreiben, sprechen und anwenden, vertiefen und verinnerlichen. Außerdem soll man Empathie entwickeln, gegenseitigen Respekt fördern, Integration vorantreiben und den Zusammenhalt stärken.

Theater im Sprachunterricht, wie funktioniert‘s?“: Vortrag für Lehrer mit Marjorie Nadal von Thealingua auf Deutsch und Französisch am Freitag 25.11.2016 / 12:30-13:15 im kleinen Saal im Erdgeschoss.