Kultur made in Finland
Wer als Deutscher an finnische Kultur denkt, dem kommen vermutlich schnell Filme des Regisseurs Aki Kaurismäki in den Sinn. Oder finnischer Tango. Tango made in Finnland ist tatsächlich ein internationales Markenzeichen und ein Lebensgefühl, dass viele Finnen teilen. Die finnische Variante ähnelt dem Tango Argentino, gilt aber aber als Moll-betonter und melancholischer. Gesungen wird meist in finnischer Sprache. Führende Komponisten waren Toivi Kärki (1915-1992) und Unto Mononen (1930-1968). 1913 weckte der südamerikanische Tanz die Leidenschaft der Europäer und insbesondere der Finnen, die sich mit der Schwermut und emotionalen Tiefe dieser Musik bis heute eng verbunden fühlen. Kaurismäki bezeichnet Tango als „unsere Nationalmusik“.
Tango im finnischen Alltag
Tangomusik erklingt in Lokalen, auf Fähren nach Schweden und Estland, auf Dorffesten und an Sommer-Wochenenden beim sommerlichen Lavatanssi (Tanz auf dem Bretterboden), aber auch mitten in der Stadt, wie im Trailer zum Dokumentarfilm von Aune Friedrich zu sehen. In Seinäjoki gibt es den alljährlichen Tangomarkkinat, einen „Markt des Tangos“, bei dem ein Tangokönig und eine Tangokönigin gewählt werden. Das Festival dauert eine Woche und zieht zigtausende Besucher aus aller Welt an. Ein beliebter Tanz ist bei älteren Finnen auch die einheimische Foxtrott-Variante namens Humppa.
Nahezu eine Sauna pro Haus
Maßgeblich geprägt wird die finnische Alltagskultur auch von der Sauna. „Dass die Sauna ein wichtiger Bestandteil des finnischen Alltags ist, sieht man daran, dass es in fast jedem Haus mindestens eine Sauna gibt“, erklärt Christian Ahonen, Volontär für Praktikums- und Studienberatung am Finnland-Institut in Berlin www.finnland-institut.de. Eine Tradition, die seit Jahrhunderten existiert und Reinigung, Körperpflege und Erholung verspricht.
„Der Besuch der Sommerhütte kesämökki und die Nähe zur Natur sind essentielle Bestandteile der finnischen Kultur“, so Ahonen weiter. Die 5,5 Millionen Finnen verteilen sich auf eine halbe Million Sommerhütten. Im vielen Fällen lässt sich das Saunieren auf dem Lande also mit einem Sprung in einen nahegelegenen See verbinden.
Finnische Feste
Wie ihre schwedischen Nachbarn feiern die Finnen um den längsten Tag des Jahres am 21. Juni ein Mittsommerfest, das sie Juhannus nennen. Fest verankert im Festtagskalender sind zudem Vappu am 1. Mai (ein Studentenfest, an dem die Finnen ihre Abiturmützen auftragen) sowie der Unabhängigkeitstag Itsenäisyyspäivä am 6. Dezember. „An diesem Tag werden traditionell zwei blau-weiße Kerzen in die Fenster der Wohnungen und Häuser gestellt“, weiß Laura Stolz, die als Praktikantin im Finnland-Institut in Berlin arbeitet.
Musik, Musik, Musik
Musikalisch bietet Finnland eine Vielfalt, die weit über den finnischen Tango hinaus geht. Als klassischer Nationalkomponist ist Jean Sibelius (1865-1957) zu nennen. Anlässlich seines 150. Geburtsjahres zeigt das Berliner Finnland-Institut aktuell eine Ausstellung über sein Leben und Werk. In der Pop- und Rockmusik der letzten zehn, zwanzig Jahre fanden so unterschiedliche Bands wie HIM, The Rasmus, Apocalyptica oder die Leningrad Cowboys international Beachtung. Darüber hinaus gibt es in Finnland renommierte Jazz-Hochschulen und eine Reihe von Jazzmusikern wie das Trio Klima Kalima sind über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Sofi Oksanen: Gesicht der jungen finnischen Literatur
Literarisch machte Finnland 2014 als Gastland auf der Frankfurter Buchmesse auf sich aufmerksam. Die international erfolgreichste Autorin ihres Landes ist die 1977 geborene Autorin Sofi Oksanen. Ihr letzter Roman „Als die Tauben verschwanden“ (deutsche Version bei Kiepenheuer & Witsch, übersetzt von Angela Plöger) landete 2012 mit einer für finnische Verhältnisse enormen Auflage von 100 000 Exemplaren in den Buchläden. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch heute noch die Bücher der Finnlandschwedin Tove Jansson (1914-2001), die die Fantasiewelt der Mumintrolle schuf.
Helsinki kulturelles Drehkreuz
Die Hauptstadt Helsinki verfügt über die größte Kulturszene des Landes, aber auch andere Großstädte wie Tampere oder Turku (Kulturhauptstadt 2011) können mit Vielfalt punkten. In Helsinki werden Freunde zeitgenössischer Kunst im Museum Kiasma fündig. Namhafte Konstruktivisten moderner finnischer Kunst sind Matti Kujasalo (Jahrgang 1945) und Juhana Blomstedt (geb. 1937-2010). Weltruhm erntete bereits zu Lebzeiten der Architekt und Designer Alvar Aalto (1898–1976). Er entwarf neben zahlreichen Bauten auch funktionalistische Designstücke und Möbel, etwa einen dreibeinigen Hocker oder die Savoy-Vase. Weitere Einblicke in die finnische Kunst und Kultur finden sich hier.