Sprache des Monats: Französisch
Befragt man Marjorie Nadal zum speziellen Flair der französischen Sprache gerät die Fremdsprachen-Didaktikerin und 2. Vorsitzende der Plattform des französischsprachigen Theaters in Berlin (Plateforme du théâtre francophone à Berlin, www.lamenagerie.org) ins Schwärmen: „Französisch ist die Sprache der Liebe und der Revolution! Die Sprache wurde gesungen, geschrieben, gedichtet, verbreitet von vielen Autoren und Sängern seit dem 12. Jahrhundert. Es ist eine sehr musikalische Sprache, mit Rhythmen, die sich für Gedichte sehr gut eignen.“ Als musikalische Beispiele nennt sie den Chansonnier Serge Gainsbourg und den belgisch-ruandischen Elektro-Rapper Stromae.
Weltsprache auf fünf Kontinenten
Auch jenseits von Sprachpoesie und -melodie gibt es gute Gründe, sich dem Französischen zu widmen. Laut http://www.francophonie.org/ sprechen weltweit 274 Millionen Menschen auf fünf Kontinenten diese Weltsprache. Französisch ist Amtssprache in 46 Ländern, von Madagaskar über Kanada und den Libanon bis Neukaledonien sowie offizielle Sprache in zahlreichen internationalen Organisationen, von der EU über die Afrikanische Union, Ärzte ohne Grenzen und die FIFA bis zu den Vereinten Nationen. Eine demographische Analyse der kanadischen Université Laval und der Agence universitaire de la Francophonie prognostiziert 500 Millionen Französischsprechende im Jahr 2025 und 650 Millionen im Jahr 2050. Grund ist der Bevölkerungszuwachs in arabischen und afrikanischen Ländern.
Die französische Sprache (le français) zählt zur romanischen Gruppe des italienischen Zweiges indogermanischer Sprachen und ist daher unter anderem verwandt mit dem Italienischen, Spanischen und Rumänischen. Die Wurzeln des Französischen liegen in der Romanisierung Galliens durch die Römer. Latein setzte sich in den Jahrhunderten nach Christi Geburt, zunächst in den Städten und deren Schulen und Verwaltungen, flächendeckend gegen die keltisch-gallischen Sprachen durch. Diese wurden nicht ganz verdrängt, fanden Aufnahme in das gesprochene Vulgärlatein und finden sich auch im heutigen Französisch, zum Beispiel im Fall von „craindre“ (fürchten), das vom bretonischen „kren“ (zittern) herrührt.
Führende Sprache und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert
Im Mittelalter erweiterten die Franken den vulgärlateinischen Wortschatz. Über Altfranzösisch (ab dem 9. Jahrhundert; erste schriftsprachliche Dokumente in den Straßburger Eiden, 842) und Mittelfranzösisch (ab 1610) entwickelte sich die Sprache weiter. Im 17. und 18. Jahrhundert war Französisch die Kernsprache des Adels in Europa und Frankreich galt als weltweit führende Kulturnation. Die Übernahme französischer Sitten und Gebräuche findet sich im heutigen Deutsch noch in Begriffen wie Kavalier, Etikette, Manieren und Konversation. Hugenotten, die als Religionsflüchtlinge nach Preußen kamen, importieren im 18. Jahrhundert Wörter wie Milieu, Parterre, Filet oder Balkon. Als Kolonialmacht breitete sich Französisch in aller Welt aus, verlor aber im 19. Jahrhundert an Bedeutung, als das britische Empire zur führenden Weltmacht aufstieg und Englisch zur Weltsprache Nummer eins avancierte.
Große Unterschiede zwischen Schrift- und Aussprache
„Typisch für Französisch ist der Unterschied zwischen den geschriebenen Wörtern und der Aussprache, speziell mit den Nasalen”, berichtet Marjorie Nadal. Bestimmte Nasallaute sind im Deutschen unbekannt. Nadal weiß, dass es deutschen Lernenden oft nicht leicht fällt, die Aussprache korrekt wiederzugeben. Hinzu kommen lautliche Übereinstimmungen unterschiedlicher Begriffe: “Das Wort pain [pɛ̃], zu Deutsch Brot, wird genauso ausgesprochen wie pin (Kiefer) oder peint (gestrichen).” Die Grammatik hingegen sei für deutsche Lerner einfach zu erlernen.
Global sind die Unterschiede in punkto Aussprache, Redewendungen und Wortschatz so groß, dass französischsprachige Filme aus Kanada und Afrika auf dem französischen Weltsender TV5 monde mit standardisierten französischen Untertiteln ausgestrahlt werden. Auch innerhalb Frankreichs gibt es eine Vielzahl an Akzenten und Dialekten. „Zum pain (Brot, Baguette) sagen Nordfranzosen standard, Südfranzosen paingue”, erklärt Marjorie Nadal.
Ihr macht es großen Spaß in Berlin mit La Ménagerie die französische Sprache und Kultur zu vermitteln. Das Angebot des gemeinnützigen Vereins umfasst theaterpädagogische Projekte an Schulen, Workshops für Erwachsene, Weiterbildungen und Aufführungen. Marjorie Nadal bietet dabei vor allem mehrsprachige Improvisation und Pädagogik-Veranstaltungen an, insbesondere „Französisch durch Theater” an Schulen und Weiterbildungen für Lehrkräfte.
Wer sich für das Lernen der französischen Sprache interessiert, sollte sich ebenfalls beim Institut Français umschauen: Französischlernende finden hier eine Vielzahl an Unterrichtsmaterialien, Hinweise auf verschiedene Events mit dem Schwerpunkt Französisch und Onlinekurse, um die eigenen Französischkenntnisse zu verbessern.