Das Mondfest: Zum Herbst huldigt China dem engsten Freund der Erde

moon chef with mooncakeDer Mond ist der Erde am nächsten und gehört ihr allein, im Unterschied zu allen anderen Monden unseres Sonnensystems: Er dreht sich nur um die Erde. Von hier aus kann der Mensch den Mond mit bloßem Auge gut beobachten. Die ersten Kalender der Menschheit orientierten sich daher am Lauf des Mondes, es waren reine Mondkalender (oder formeller: Lunarkalender). Völker verehrten den Mond in kultischen Feiern und künstlerischen Ausdrucksformen auf allen Kontinenten. In der chinesischen Kultur steht der Mond unter anderem für den Herbst und das “Yin” genannte Weibliche. Beim Mondfest blicken die Chinesen jedes Jahr im Herbst mit Wünschen, voller Dank oder in schlicht besinnlicher Stimmung zum Mond auf.

Ein Kalender nur zum Feiern

Zwei Kalendersysteme finden in China bis heute Anwendung: seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der westliche gregorianische Kalender, mit dem die Welt einheitlich ihre Geschehnisse erfasst und der chinesische Kalender, eine Mischung aus Lunisolar- und Sonnenkalender (Lunisolarkalender orientieren sich an den Mond-Monaten und schalten zur Annäherung an das Sonnenjahr alle drei Jahre einen zusätzlichen Monat dazwischen). Der chinesische Kalender galt offiziell im Kaiserreich, bis ihn 1912 der gregorianische Kalender ablöste. Nach dem alten Kalender werden in China jedoch weiterhin die Feiertage bestimmt. Datum des Mondfests ist dem chinesischen Kalender zufolge der 15. Tag des achten Monats, ein Vollmondtag. 2014 entsprach diesem Datum im gregorianischen Kalender der 8. September, 2015 werden die Chinesen das Mondfest am 27. September begehen. Seit 2008 ist das Mondfest gesetzlicher Feiertag in China – seine Tradition reicht allerdings Jahrtausende in die Vergangenheit.

Legende der Frau auf dem Mond

Der Anfang sehr alter Traditionen lässt sich heute oft nicht eindeutig klären, ist legendär. Mit Chinas Mondfest verbindet sich die Legende von Hou Yi und seiner Frau Chang’e. Einer Version zufolge rettete Hou Yi die Ernte der Menschen, als er neun von zehn Sonnen abschoss, und dafür zum Dank einen Trank der Unsterblichkeit erhielt. Da die Unsterblichkeit mit einem Dasein auf dem Mond einherging, nahm Hou Yi den Trank nicht ein, er wollte bei seiner Frau bleiben. Doch Chang’e trank die Flasche unwissentlich leer und stieg zum Himmel auf. Hou Yi wurde aus Schmerz über den Verlust ein brutaler Tyrann, kam im Kampf um und lebte nach seinem Tod auf der Sonne. Je nach Version der Legende variieren jedoch die Elemente der Geschichte und die Motivation der Hauptfiguren. Einer anderen Version zufolge trinkt Chang’e den Trank wissentlich, um ihn nicht einem gierigen Schüler Hou Yis überlassen zu müssen, der sie erpresst. Unsterblich geworden wählt sie bewusst den Mond als ihren Platz. Dort ist sie ihrem geliebten Hou Yi am nächsten, der ihr auf der Erde Opfer darbringt.

Im letzten Jahr betrat Chang’e übrigens erneut den Mond, in etwas anderer Gestalt: Die Raumschiffe des chinesischen Mondprogramms sind nach der Legende um Hou Yi und Chang’e benannt. Die Sonde „Chang’e 3“ dockte im Dezember 2013 auf dem Mond an. China wurde nach den USA und Russland zur dritten Nation, die eine Mondlandung durchführte.

Weg einer jahrtausendealten Feier ins Heute

Chinas Mondfest wurde bis zum 10. Jahrhundert v. Chr. vor allem als Erntedankfest gefeiert. Seine zweite Bezeichnung als Mitherbstfest erhielt es zwischen dem 11. und 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Bekannter wurde das Mondfest während der Tang-Dynastie, die etwa 1000 n. Chr. endete. Bis heute ist das Mondfest neben dem Frühlingsfest und dem Drachenbootfest eines der wichtigsten Feste in der chinesischen Kultur.

„Zum Mondfest isst die Familie zusammen zu Abend. Es wird besonders gut gekocht und man freut sich in der Regel aufrichtig darauf. Als kommerzielles Fest auf öffentlichen Plätzen würde ich es nicht bezeichnen,“ sagt Constantin Schnäcker, Wirtschaftssinologe und Mitarbeiter einer Personalvermittlung in Shanghai. „Freunden und Verwandten schenkt man Mondkuchen. Diese Tradition ist allerdings sehr kommerzialisiert worden.“ Gefüllt ist der Mondkuchen süß oder salzig. Der Mond – auch ein Symbol für Ganzheit und Einheit – ist dabei ein Bild und Wunsch der Familie, die zusammenhalten möchte. Die Familienmitglieder zünden zudem in Verehrung für die göttlichen Vorbilder wie Chang’e Rauchstäbchen an und manche Chinesin sendet an diesem Tag ihre Liebeswünsche gen Mond. Doch, so betont Constantin Schnäcker: „China ist groß.“ Manche Regionen gestalten das Fest anders aus. Im Süden Chinas werden auch Drachen- und Löwentänze aufgeführt und somit Elemente aus anderen Festen integriert.