Beruf als Weg zur Integration
Im Sommer erst vermeldeten Rundfunk, Zeitungen und Fernsehen, das tausende Ausbildungsplätze auch in diesem Jahr unbesetzt sind und wohl bleiben. Rund 24 000 Ausbildungsplätze waren etwa im Handwerk zum September 2014 noch verfügbar. Bei der Bundeskonferenz „Chance Beruf – Zukunft der beruflichen Bildung gestalten“ tauschten sich im Juli rund 400 Fachleute aus Praxis und Wissenschaft zur dualen Ausbildung in Deutschland aus: der parallelen Ausbildung durch Betrieb und Berufsschule oder Berufsakademie. Durchlässigkeit „in alle Richtungen“ forderte Bildungsministerin Johanna Wanka. Studienabbrecher sollen schnell den Weg in eine Berufsausbildung finden wie auch zunehmend mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund. Die duale Ausbildung ist in Teilen schon Schauplatz der Integration – und soll es im Ganzen werden. Über die duale Ausbildung gelingt Integration vielfach bereits, nun soll dieser Ansatz weiter gestärkt werden.
Bundesweite Initiative für die duale Ausbildung
Erstes Ziel des Konzepts „Chance Beruf“, sagte Johanna Wanka während der Konferenz, sei, „dass jeder Jugendliche einen Abschluss erreicht.“ Gemeint sind Schul- und Berufsabschluss. Darauf folgen zwei weitere Ziele: „Wir wollen, dass er nach diesem Abschluss auch einen Anschluss findet, und wir wollen, dass er für seinen Aufstieg, für seine Möglichkeiten ein Leben lang die Chance hat, weiter zu lernen und sich zu entwickeln.“
Als eine große Zielgruppe von „Chance Beruf“ und der darin gebündelten Maßnahmen hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit seinen Partnern, wie der Bundesagentur für Arbeit, junge Menschen mit Migrationshintergrund ausgemacht. Das Fachforum 3 der Konferenz trug daher den Titel „Chancen erkennen – Integration fördern!“. Die Teilnehmer sprachen darüber, wie man die berufliche Ausbildung mit Erfolg interkulturell ausgestalten kann.
Viele Eltern mit Migrationshintergrund haben Vorbehalte gegenüber der dualen Ausbildung. Dieses in Deutschland gesetzlich geregelte Berufsausbildungssystem kennen die Eltern oft nicht aus ihren Herkunftsländern, die Skepsis geben sie an ihre Kinder weiter.
Initiative Bildungsketten gegen Ressentiments
Der Bund möchte diesen Ressentiments mit der „Initiative Bildungsketten“ vorbeugen. Durch Praktika in Betrieben ermöglicht die Initiative Schülern die eigene „Potenzialanalyse“: Wer früh Erfahrungen sammelt, erkennt, ob er eher fürs Handwerk, einen kaufmännischen oder sozialen Beruf begabt ist. Ein weiterer Baustein der Initiative, um die Hürden zwischen Migranten und der Berufswelt zu überwinden sind die „Berufsbegleiter“. Sie unterstützen die Jugendlichen und ihre Familien während des Übergangs von der Schule in den Beruf. Berufsbegleiter sind Menschen, deren Berufs- und Lebenserfahrung sie als Mentoren geeignet macht. Sie stehen Schülern ab der 7. Klasse bis zum Ende des ersten Lehrjahres und in besonderen Fällen bis zum Ausbildungsabschluss mit Rat zur Seite.
Während das Angebot der „Initiative Bildungsketten“ im Grunde allen jungen Menschen in Deutschland offen steht, wenden sich die KAUSA Servicestellen ausschließlich an Menschen mit Migrationshintergrund. Sechs KAUSA Servicestellen wirken derzeit in Deutschland: in Augsburg, Nürnberg, Berlin, Dortmund, Stuttgart und Köln. KAUSA, die Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration, entstand 1999 und ist seit 2006 Teil des Ausbildungsstrukturprogramms JOBSTARTER. Die Mitarbeiter der KAUSA Servicestellen beraten Selbstständige, Jugendliche und Eltern mit Migrationshintergrund zu allen Fragen der Ausbildung. Sie suchen Eltern zu Hause auf und bringen sie mit anderen Eltern in Kontakt. Ein Netzwerk soll entstehen, das letztlich die Hemmnisse und Vorbehalte gegenüber einer Berufsausbildung für Migranten senkt: Die KAUSA Stellen versuchen auch, Betriebe für die duale Ausbildung zu gewinnen, die bisher keine Lehrstellen angeboten haben.
Die Maßnahmen laufen – und das gewiss noch einige Jahre. Bis irgendwann Radio und Zeitungen eine Sensation verkünden: Lehrstellen in Deutschland besetzt, das Ausbildungsjahr läuft an…