Mit Sprachtandems zu zweit ans Ziel
„Suche Spanisch, biete Deutsch.“ Oder: „Ich bin Student aus Schweden und suche jemanden, der mit mir Deutsch spricht.“ Gesuche dieser Art klingen vertraut. Was Sprachtandems sind, wissen heute die meisten Sprachlerner: Zwei Menschen, die die Sprache des jeweils anderen lernen, treffen sich regelmäßig zum Gespräch.
Wo Angebot und Nachfrage miteinander sprechen
Es gilt das Marktprinzip in Reinform: Angebot und Nachfrage treffen unmittelbar aufeinander. Mit Aushängen in den Sprachlernzentren der Universitäten, an Volkshochschulen und Begegnungshäusern suchen motivierte Lerner an ihrem Wohnort nach Muttersprachlern der Zielsprache. Sprachtandems sind eine Möglichkeit, die eigenen Kenntnisse der Fremdsprache zwar weiterhin im eigenen Land, doch in einer natürlichen Situation zu erproben. Das klingt verlockend und füllt die Lücke, die der Unterricht oft lässt. Denn der Kontakt mit der Fremdsprache gestaltet sich für Kursteilnehmer meist in vorgegebenen Bahnen: Mehrere Schüler treffen auf einen Lehrer, lernen die Grammatik, erweitern ihr Vokabular und üben Hörverstehen und Sprechen in Rollenspielen, anhand von Text-Übungen oder der individuellen Methodik von Schule und Dozent. Man übt die Sprache, ohne sich im wirklichen Leben zu bewähren. Doch die meisten Sprachlerner wissen: Je eifriger man die Sprache im Kurs lernt, je mehr Fortschritte man macht, desto größer der Wunsch, endlich das Gelernte anzuwenden.
Sprachtandems – selbstorganisiert und als Kursprinzip
Tandempartner, mit denen man bei gemeinsamen Aktivitäten die eigene und die Fremdsprache anwenden kann, kommen diesem Bedürfnis entgegen. Es gibt sogar Organisationen, die Sprachtandems zum Kursprinzip erhoben haben. Eine davon ist die Gemeinschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa e. V. (GFPS e. V.), die seit vielen Jahren neben ihren Stipendien auch deutsch-polnische Tandemsprachkurse anbietet. Vier Wochen verbringen junge Menschen aus Polen und Deutschland gemeinsam, zunächst zwei Wochen im einen, dann zwei Wochen im anderen Land. Vormittags lernen sie getrennt in nationalen Gruppen, angeleitet von ausgebildeten Lehrern. Nachmittags erörtern sie in Paaren mit Teilnehmern der anderen Nation verschiedenste Themen: „Wie wohnt man in Polen, wie in Deutschland? Wie geht man im jeweiligen Land zusammen aus? Welche Probleme beschäftigen die polnische Bevölkerung? Bei den Tandems verschränken sich gesellschaftliche und alltägliche Themen mit persönlichem Interesse“, erläutert Fabian Krause, Germanistik-Student der HU Berlin und einer der ehrenamtlichen Organisatoren des diesjährigen Kurses. „Tandems bedeuten eine lockere Lernatmosphäre. Man kann zum Beispiel in die Natur losziehen, sich beim Spazierengehen unterhalten. Viele Teilnehmer besuchen sich im Anschluss gegenseitig, werden Freunde, manche führen das Tandem per Skype fort. Doch wir zwingen niemandem, mit anderen Kontakt zu halten. Das geschieht meist von selbst.
Angebote für zahlreiche Sprachen
Das Tandemprinzip haben auch viele andere Organisationen und Schulen in ihr Konzept integriert. Das Deutsch-Französische Jugendwerk etwa informiert auf seiner Website über die Termine der „binationalen Sprachkurse“, die es finanziell unterstützt. Zielgruppe sind hier meist Schüler, Studierende sowie Lehrer und Jugendpädagogen, die sich im Austausch zwischen Deutschland und Frankreich engagieren möchten. Zahlreiche private Sprachschulen bieten Tandems für Erwachsene ergänzend zu ihrem Kursangebot an: Sie suchen für die Teilnehmer ihrer Kurse, die aus dem Ausland anreisen, vor Ort nach einheimischen Tandempartnern. TANDEM international etwa ist ein Zusammenschluss solcher Sprachschulen in Ländern mehrerer Kontinente. Auch Schulen in Deutschland sind Mitglied dieses Netzwerks.
Warum in die Ferne schweifen …
Wer also seine Sprachkenntnisse endlich im Alltag anwenden möchte, kann sich auch vor der eigenen Haustür umsehen: Vielleicht sucht ja gerade in der Nähe ein sympathischer Muttersprachler nach dem einem Tandempartner. Doch das „klassische“ Sprachenlernen ersetzt der Tandempartner zumeist nicht: Ohne Vokabel zu üben und Grammatik zu wiederholen hat bisher kaum jemand ein Sprachtandem sinnvoll für sich genutzt.