Erfahrungsbericht: Valeries „Selbstfindungsjahr“ in Brasilien
Erfahrungsbericht von Valerie Sawatzki
Valerie Sawatzki ist 19 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Schwerin. Am liebsten würde sie zum kommenden Wintersemester in Münster „CALA“ (Curso Alemão-Latinoamericano de Administração) – einen lateinamerikanischen Studiengang für BWL mit einem Doppelabschluss in Deutschland und Brasilien – studieren. Wie sie zu diesem Entschluss gekommen ist, beantwortet Valerie in einem Interview mit dem SprachenNetz.
Was waren für dich die Gründe einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren?
Ich wollte eine neue Kultur und eine neue Sprache kennenlernen, bevor ich mein Studium anfange. Außerdem wusste ich nach meinem Abitur auch noch nicht genau, was ich eigentlich studieren will und habe deshalb meinen Aufenthalt ein bisschen als „Selbstfindungsjahr“ genutzt. Kann ich nur empfehlen.
Worauf sollte man in dem Land gefasst sein? Was ist anders?
Man kann nicht alles verallgemeinern, aber hier einige Dinge, die fast überall gleich sind:
Einige Dinge dauern etwas länger, z.B. kann es passieren, dass man mal fast eine Stunde in einer Einkaufsschlange steht. Manchmal braucht man einfach Geduld.
Gern gegessen wird „Arroz e Feijão“ Reis und Bohnen, dazu dann meistens Salat und Rindfleisch oder „frango“ (Geflügel). Es gibt eine riesige Auswahl an Früchten, die meistens richtig saftig und frisch sind! Sehr lecker! Daraus werden dann auch verschiedene Säfte gemacht die man günstig (4R$) an jeder Ecke frisch kaufen kann. Richtig lecker ist auch „Açaí“. Eine sehr energiehaltige Frucht, aus der eine Art Eis gemacht wird. Viele Brasilianer essen das dann mit Müsli und Banane oder Kondensmilch.
Zur Begrüßung ist es normal sich auf die Wange zu küssen. Egal ob man die Person schon kennt oder noch nicht. In São Paulo z. B. nur ein Kuss, in Rio zwei (links und rechts). Danach wird immer gefragt „Tudo bem?“ Alles gut? Und man antwortet immer positiv! „Tudo bem“ „Alles in Ordnung“. Wenn man sagt, dass es einem schlecht geht, gilt das als unfreundlich, da das „Tudo bem“ Teil der Begrüßung und keine ernsthaft Frage ist.
Falls ihr über Winter nach Brasilien reist (dann ist es bei uns Sommer) und zufällig in den Süden geht, dann nehmt euch warme Sachen mit!!! In São Paulo sind manchmal auch nur 7°C und da gibt es keine Heizung oder isolierte Fenster – es kann also unangenehm kalt werden. Ganz im Süden von Brasilien gibt es auch Schnee. Im Nordosten braucht ihr allerdings NIE eine Jacke.
Welche Tipps hast du für den Alltag? Wohnen, Ausgehen? Wieviel Geld braucht man?
Das kommt auch wieder ganz drauf an wo man wohnt. São Paulo oder Rio sind sehr teure Städte! Schon ein winziges Zimmer in einer WG kostet mindestens 900/1000R$ pro Monat, also über 300 €. Im Nordosten sind die Preise günstiger.
Fahrkosten sind immer so ungefähr 3R$ pro Fahrt, egal ob Bus oder Metro. In São Paulo sollte man diese zur Rushhour (7 – 9 Uhr und 17-19Uhr) allerdings meiden, es sei denn man möchte zwischen Menschenmassen zerquetscht werden.
Ausgehen kann man allerdings sehr gut. In den Metropolen gibt es überall Bars oder „Baladas“ (Discos). Gute Orte zum Weggehen in São Paulo sind z. B. „Vila Madalena“ oder „Rua Augusta“ und in Rio „Lapa“. Brasilianer sind in der Regel sehr offen und lieben „Estrangeiros“ (Ausländer). Sie sind sehr gastfreundlich und super neugierig. Es wird viel getanzt, Samba oder Forró. Das Bier ist allerdings etwas anders: mehr Wasser und weniger Alkohol als in Deutschland.
Wie bereit man sich am besten vor? Zeitrahmen? Blogs? Was darf man nicht vergessen?
Für die Reise braucht man natürlich entsprechende Dokumente, man kann bis zu 3 Monate in Brasilien ohne Visum bleiben. Falls man in den Nordosten/Tropen reist, wären ein paar Impfungen nicht ganz schlecht. Darüber kann man sich bei seinem Arzt informieren.
Wenn man richtig studieren oder arbeiten will, sollte man mind. ein halbes Jahr zur Vorbereitung einplanen. Wenn man nur reisen will, kann das auch spontan sein.
Ganz wichtig: Offen sein! Für alles! Keine Vorurteile haben und versuchen das zu genießen was man dort neues kennen lernt. Also immer positiv denken!
Warum ist es so wichtig, zu reisen und im Ausland Erfahrungen zu sammeln?
Man lernt offen für neue Dinge zu werden. Es steigert das Selbstbewusstsein und man lernt einiges zu schätzen, was vielleicht vorher für einen selbstverständlich war. Man wird weniger oberflächlich und vergisst Vorurteile. Eigentlich fühlt man sich nach einer Reise immer gut, egal ob man etwas Gutes oder Schlechtes erlebt hat. Selbst wenn es etwas Schlechtes war, dann hat man daraus gelernt und kann stolz darauf sein es überstanden zu haben. Also ich würde jedem eine Reise ins Ausland empfehlen!
Wie hast du deinen Auslandsaufenthalt organisiert?
Also eigentlich habe ich kaum was organisiert, sondern alles ziemlich spontan gemacht. Ich habe mir ein Studentenvisum für ein Jahr für einen Portugiesisch-Kurs an einer Universität organisiert. Das war das Einzige, was wirklich etwas aufwändiger war. Aber alle meine Praktika beim Goethe-Institut und beim DAAD habe ich vor Ort gesucht und bekommen.
Ich habe immer bei Freunden gewohnt, es ist gut Kontakte zu haben!
Was waren die Highlights deines Auslandsaufenthaltes?
Also ich fand es richtig toll für das Goethe-Institut, den DAAD und für das Deutschlandjahr in Brasilien 2013/2014 zu arbeiten und Kulturprojekte und Ausstellungen zu organisieren. Teil dieses Jahres war auch ein SEEED Konzert im Parque Ibirapuera. Die Gruppe konnte ich dann auch bei der Aftershowparty beim Konsul mal persönlich kennen lernen.
Meine Reisen waren auch alle toll! Rio und Natal sind wunderschön und ich wurde auf dem Cristo in Rio von Pro7 mit einer Freundin zur WM und Brasilien interviewt. Außerdem liebe ich es Forró zu tanzen, das war meistens das Highlight meines Wochenendes. Viele Brasilianer können wirklich toll tanzen und es macht einen super glücklich. Die WM in Brasilien ist natürlich auch eine super Erfahrung! Die Stimmung da war der Hammer. Es hat echt so viel Spaß gemacht die Spiele mitzuverfolgen, weil einfach alle so motiviert sind. Ich liebe die Brasilianer, sie sind so offen und empfangen einen sehr herzlich. Die Strände und das Klima sind auch super. Also ich hab eigentlich fast nur positive Erfahrungen gesammelt!
Welchen Rat würdest du jungen Menschen geben, die für ein Studium, Praktikum oder Sprachkurs ins Ausland gehen möchten?
Habt einfach Spaß und genießt euren Aufenthalt!! Probiert ganz viel Neues aus und seit offen für eine neue Kultur.
Worte, die dir in den Sinn kommen, wenn du an deinen Aufenthalt denkst?
Felicidade, dança e calor e açaí
Freude, Tanz und Hitze und Açaí (das leckerste Essen der Welt)
😀