Studie: Internetnutzer standardisieren den Sprachgebrauch der digitalen Welt
Debatten zur Erhaltung von gefährdeten Sprachen sind nicht unbedingt neu, allerdings hat die Verbreitung und Nutzung des Internets dieser Thematik innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte weiteren Zündstoff geliefert.
Die aktuelle Studie „Digital Language Death“ wurde online im „PLOS ONE Journal“ veröffentlicht und hat sich die Situation zum Sprachgebrauch im Internet genauer angeschaut. Die Ergebnisse lassen eine klare Tendenz zur Nutzung von nur wenigen Sprachen in der digitalen Kommunikation erkennen.
Bereits heute kann festgestellt werden, dass ca. 96 % der bekannten Sprachen keine Verwendung in der digitalen Welt finden. Die übrigen vier Prozent verteilen sich in etwa auf ca. 170 Sprachen, die wirklich rege Nutzung im Netz erfahren und weiteren 140 Sprachen, deren Zukunft im Internet noch ungewiss ist. Dabei spielt vor allem die Technik eine große Rolle. Der Universalstandard Unicode regelt die Programmierung von Sprachen und deren Schriftzeichen zur grafischen Umsetzung. Bis heute sind lediglich fünf Prozent aller 7 000 gesprochenen Sprachen überhaupt im Internet darstellbar.
Weitere Gründe für die Fokussierung auf relativ wenige Sprachen im Netz sind in gesellschaftlichen Entwicklungen zu sehen. Die Internetnutzer entscheiden durch ihre Teilhabe nicht nur ob eine App, oder eine Internetseite längerfristig der Gesellschaft erhalten bleibt, sondern eben auch welche Sprachen im Netz Verwendung finden. Wenn eine bestimmte Sprache bei ihrer Kommunikation relevant wird, hat diese auch eine Chance auf Anwendung.
Beispielhaft hierfür nennt die Untersuchung die zwei norwegischen Sprachen Bokmål und Nynorsk. Durch die reale Verbreitung in der Gesellschaft sollte Nynorsk eigentlich überlebensfähig sein, allerdings haben sich die Norweger im Netz gegen diese Sprache entschieden. Bokmål bestimmt die digitale Kommunikation und nur rund ein Prozent der norwegischen Internetnutzer verfasst Inhalte in Nynorsk.
Kritiker sehen in dieser Entwicklung einen Niedergang der Sprachenvielfalt. Dabei folgt die Sprachverbreitung im Internet den Regeln der offline-Welt: Sprachen sind keine abgeschlossenen, statischen Gebilde, sondern befinden sich im stetigen Wandel und werden durch äußere Faktoren, Ereignisse und Trends nachhaltig beeinflusst.
Gleichzeitig bietet das Internet aber auch die Chance bedrohte Sprachen zu erfassen, zu erlernen oder zu erforschen und sie gegebenenfalls zu konservieren.