„China: Ein Land mit Tausend Facetten“ – Olympiasiegerin Britta Heidemann im Interview
Die diesjährige Kulturbotschafterin Britta Heidemann erzählt im Interview mit der Expolingua Berlin von ihren Erfahrungen mit der chinesischen Kultur, was China so faszinierend macht und welche Hürden beim Erlernen der chinesischen Sprache zu meistern sind.
Chinesisch ist Gastsprache auf der diesjährigen Expolingua Berlin 2010. Frau Heidemann, Sie waren schon als Jugendliche für einen Schulaufenthalt in China, studierten Regionalwissenschaften (China) und sind auch sportlich im Land der Mitte unterwegs. Was hat Sie damals an China fasziniert und was finden Sie heute noch beeindruckend?
China ist ein Land mit tausend Facetten – wer in China rumreist, findet heraus, dass es nicht nur viele unterschiedliche topographische und klimatische Begebenheiten gibt, sondern auch überall anderes Essen, andere Lebensstile und Lebensbedingungen, andere Menschen. Besonders beeindruckt hat uns neben der faszinierenden Sprache diese alte Kultur, die wie selbstverständlich auch heute noch den Kindern vermittelt wird.
Wie würden Sie die chinesische Sprache beschreiben? Was ist das Besondere am Chinesischen?
Beim Lesen chinesischer Texte muss ich immer an Kreuzworträtsel denken. Da es keine Leerzeichen gibt, muss man selber herausfinden, wo ein Wort endet und das nächste beginnt. Die Sprache fand ich schon immer besonders melodisch, mir gefallen die verschiedenen Tonhöhen. Gut für uns Deutschen beim Lernen des Chinesischen ist, dass uns die Aussprache ziemlich gut liegt, auch wenn man das nicht vermuten mag.
Als Sportlerin reisen Sie sehr viel, sind in den unterschiedlichsten Ländern unterwegs und lernen Menschen aus den verschiedensten Kulturkreisen kennen. Wie schätzen Sie die Bedeutung von Sprachkenntnissen ein?
Für mich ist die Sprache die Basis für jegliche Kommunikation. Auch unter uns Sportlern haben wir nur eine Chance zu erfahren, wie der Alltag einer russischen oder chinesischen Sportlerin aussieht, wenn diese auch etwas Englisch sprechen können. Sonst kann man ja nichts von dem anderen erfahren, was er macht, was er denkt. Zum Glück konnte ich durch das Chinesisch früh mit meinen chinesischen Kolleginnen sprechen und habe so einen Einblick in das chinesische Denken bekommen. Insgesamt bringen Sprachkenntnisse auch den Vorteil, dass man mehr Vertrauen entgegengebracht bekommt und man anfängliche Barrieren somit überspringen kann.
Wie lernen Sie selbst Sprachen? Haben Sie Empfehlungen für unsere Besucher?
Ich schaue mir immer gerne die Grammatik an, sie ist das Gerüst einer jeden Sprache. Wenn ich die verstanden habe, muss man den Rest nur mit Wörtern auffüllen. Das hat bisher sehr gut funktioniert. Ansonsten: Reden, reden, reden.
Kann der Sport als Brückenbauer zwischen verschiedenen Kulturen fungieren?
Sport verbindet verschiedene Völker im übergeordneten Sinne auf eine ganz besondere Art und Weise. Im Gefecht oder auf dem Spielfeld zählen nur die sportlichen Regeln, da gibt es keine politischen, religiösen oder kulturellen Barrieren. Sport ist keine Frage der Nationalität, und das ist etwas Wunderbares.
Frau Heidemann, vielen Dank für dieses Interview
Bildquelle: Ulrich Hartmann
Ich selbst spreche zwar kein Chinesisch, aber als jemand, der Sprachen liebt und sich für fremde Kulturen interessiert (und dieses Hobby zum Beruf gemacht hat – ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin), kann ich Britta Heinemann nur zustimmen. Der Zugang zu einer anderen Kultur führt an Sprachkenntnissen nicht vorbei. Zum einen zollt man den Menschen mit Sprachkenntnissen den Respekt, den man selbst von ihnen auch erwartet und zum anderen öffnet eine Sprache Türen, die einem sonst verschlossen bleiben. Und – was, glaube ich, auch wichtig ist – helfen Sprachkenntnisse auch dabei, zu verstehen, wie jemand denkt oder warum etwas so ist, wie es ist und sie helfen auch, die Mentalität eines Volkes besser zu verstehen. Auch für mich ist die Sprache fester Bestandteil der Geschichte und Kultur eines Landes.
Auch das Thema Erlernen einer Sprache sehe ich wie unsere Olympiasiegerin: Für mich gehören das Schreiben und die Grammatik einer Sprache unbedingt dazu und gerade die Grammatik steht hier für mich an oberster Stelle und ist "die halbe Miete" beim Erlernen einer Sprache. Und das "Auffüllen mit neuen Wörtern" ist für mich das täglich Brot, wenn ich übersetze oder mich auf einen Dolmetscheinsatz vorbereite, wo mir stets neue Wörter und Begriffe begegnen.
Auch ich möchte dazu ermutigen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, Vorurteile und Vorbehalte bei Seite zu schieben und sich einen Zugang zu anderen Kulturen zu schaffen.
Kerstin Rocktäschel