Auf diplomatischem Parkett: Übersetzen und Dolmetschen beim Auswärtigen Amt

Als Sprachtalent in die Politik? Kaum ein Bereich hat mehr mit Fremdsprachen zu tun als die Außenpolitik. Gerade hier ist es unumgänglich, akkurat und fehlerfrei zu dolmetschen und zu übersetzen. In Deutschland ist der Sprachendienst des Auswärtigen Amts für alle fremdsprachlichen Aufgaben im Rahmen der Außenpolitik zuständig. Antonio Reda, Leiter des Sprachendienstes, erläutert im Interview die Aufgaben seiner Mitarbeiter und Einstiegschancen für angehende Übersetzer und Dolmetscher.

Welche Aufgaben hat der Sprachendienst des Auswärtigen Amts?

Der Sprachendienst des Auswärtigen Amts übersetzt und dolmetscht nicht nur für das eigene Haus, sondern ist – ähnlich wie das Protokoll – gleichzeitig für das Bundeskanzleramt und das Bundespräsidialamt zuständig. Diese historisch gewachsene übergreifende Aufgabenstellung ist insofern sinnvoll, als außenpolitische Themen in allen drei Häusern im Mittelpunkt der internationalen Kommunikation stehen.

Am Arbeitsplatz eines Übersetzers fallen Texte unterschiedlichster Art an: Von Reden, Interviews und Website-Beiträgen über Verträge bis hin zu Lebensläufen, Besuchsprogrammen und Menüs für offizielle Essen gibt es kaum eine Textsorte, mit der man nicht in Berührung kommt. Dolmetscher gewährleisten die mündliche Kommunikation bei Gesprächen, Verhandlungen und Konferenzen im In- und Ausland.

Was sind die ersten Schritte für eine erfolgreiche Bewerbung beim Sprachendienst? Wie groß ist momentan Ihr Bedarf an Nachwuchs im Bereich Dolmetschen und Übersetzen?

Auf der Webseite des Auswärtigen Amtes sind die entsprechenden Stellen ausgeschrieben, von Initiativbewerbung ist deshalb abzusehen. Der Personalbedarf ist gewissen Schwankungen unterworfen, aber im Durchschnitt werden jährlich 15 bis 20 Übersetzer- und Dolmetscherstellen im In- und Ausland ausgeschrieben. Bei den meisten Dienstposten handelt es sich um so genannte „Ortskraftstellen“, die zu ortsüblichen Konditionen an den deutschen Auslandsvertretungen zu besetzen sind.

Welche Ausbildung sollte man als Dolmetscher oder Übersetzer beim Sprachendienst beim AA mitbringen?

Das Gros der im Auswärtigen Amt beschäftigten Dolmetscher, Übersetzer und Terminologen hat einen einschlägigen Diplomstudiengang an einer wissenschaftlichen Hochschule absolviert. In Deutschland konnte man einen solchen Abschluss bislang an der HU Berlin, in Heidelberg, Hildesheim, Leipzig, Mainz-Germersheim und Saarbrücken erwerben. Als gleichwertig gelten vergleichbare Studienabschlüsse an ausländischen Universitäten wie Genf, Paris, Triest, Edinburgh oder Monterey. Wer sich für ein Übersetzer- oder Dolmetscherstudium in einem Bologna-Studiengang entschieden hat, benötigt für eine Bewerbung beim Sprachendienst des Auswärtigen Amts einen Master-Abschluss.

Eingestellt werden überwiegend jüngere Bewerber mit etwas Berufserfahrung. Jedoch werden für manche Aufgaben, z.B. Überprüfertätigkeiten, gezielt besonders erfahrene ältere Bewerber gesucht. Der ideale Mitarbeiter sollte neben einer stilsicheren Beherrschung seiner Muttersprache gute aktive Kenntnisse in der ersten Fremdsprache, intellektuelle Neugier, ein ausgeprägtes Interesse an politischen Zusammenhängen und eine fundierte Allgemeinbildung mitbringen.

Wie sieht der Arbeitsalltag eines Dolmetschers beim Auswärtigen Amt aus? Wie der eines Übersetzers?

Die meisten Dolmetscher im Auswärtigen Amt sind gleichzeitig als Übersetzer tätig. Daher wechseln bei ihnen Dolmetscheinsätze mit Übersetzungs- und Überprüfungsaufgaben. Die gezielte Vorbereitung des Dolmetschers auf einen konkreten Einsatz besteht im Wesentlichen aus dem Studium von Unterlagen und der Erstellung themenbezogener Terminologielisten. Für terminologische Recherchen stehen neben Internetquellen und sonstigen Unterlagen interne Datenbanken zur Verfügung. Die Arbeitszeiten der Dolmetscher sind sehr unregelmäßig und reichen häufig in die späten Abendstunden oder ins Wochenende hinein. Anders als Übersetzer müssen Dolmetscher sehr viel reisen.

Wer ausschließlich als Übersetzer tätig ist, hat in der Regel eine gleichmäßigere Auslastung. Das gilt vor allem in den besonders stark nachgefragten Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch, bei denen aus organisatorischen Gründen eine durchgehende Trennung zwischen Dolmetschen und Übersetzen praktiziert wird. Übersetzen ist eine ausgesprochene Teamarbeit. Neben dem Übersetzer selbst sind das Übersetzungssekretariat, die Einsatzleitung des Übersetzungsdienstes, Überprüfer, Fremdsprachenassistenten und häufig auch Terminologen in den Arbeitsprozess eingebunden.

Von Übersetzern und Dolmetschern im Auswärtigen Amt wird erwartet, dass sie über das internationale politische Geschehen und über wichtige Vorgänge im jeweiligen Sprachraum gut informiert sind. Daher gehört tägliche Zeitungslektüre in den betreffenden Arbeitssprachen zum normalen Tagesprogramm. Eine besondere Herausforderung ist die Vielfalt der Texte und Themen, mit denen Übersetzer und Dolmetscher im Auswärtigen Amt konfrontiert sind. Dadurch bleibt die Arbeit immer spannend und man hat das Gefühl, ständig am Puls der Zeit zu sein.