Die Fallas in Valencia: eine brennende, leuchtende, krachende Stadt
Als eine Karnevalshochburg Europas gilt Spanien nicht – obwohl der Karneval auf Teneriffa angeblich ebenso extravagant ist wie der von Rio de Janeiro. Jedes Jahr im März aber bietet Spaniens drittgrößte Stadt ein Fest, das offiziell nichts mit Karneval zu tun hat, doch verblüffend an deutsche Karnevalstraditionen erinnert: Die Bewohner Valencias feiern mit übergroßen Figuren und Umzügen über mehrere Tage die Fallas.
Valencias Zimmerleute als Urheber des Fests
Die Zimmerleute und andere Handwerker des Stadtviertels „Barrio del Carmen“ (auch „El Carmen“ genannt) verbrannten alljährlich zum Ende der kälteren und dunkleren Jahreszeit ihre Holzgestelle, die sie den Winter über für ihre Öllampen und Kerzen benutzt hatten. Der nahende Frühling machte die künstliche Beleuchtung überflüssig. Allmählich, wohl ab dem 18. Jahrhundert, entstand aus dieser Gewohnheit ein fester Brauch zu einem festen Tag: Der 19. März ist im katholischen Christentum dem heiligen Josef gewidmet, dem Schutzpatron der Arbeiter und insbesondere der Zimmerleute. Die brennenden Holzgestelle erhielten mit der Zeit eine Verkleidung, zusätzlich wurden Holzmöbel verbrannt und manche Handwerker begannen, eigens Figuren aus Stoff und Papier anzufertigen, die bei der Gelegenheit ebenfalls verbrannt werden sollten. Immer mehr Stadtviertel schlossen sich der Idee an, so besagt es die Legende des Festes.
Die Gegenwart: eine ganze Stadt im Zeichen der Fallas
Die Fallas sind heute eines der bekanntesten und beliebtesten Feste Spaniens, allerdings nicht unbedingt bei den Mitarbeitern der valencianischen Feuerwehr. Ihren ursprünglichen, spontanen Charakter haben die Fallas dabei verloren. Längst geht es nicht mehr allein um das Verbrennen, auch wenn die im ganzen Stadtgebiet brennenden Fallas-Figuren am letzten Tag des Fests den Höhepunkt bilden.
„Den Fallas kann man nicht aus dem Weg gehen, sie umfassen die ganze Stadt“, erklärt der Valencianer Jordi Carrascosa vom Instituto Cervantes in München. „Das ist der große Unterschied zum Oktoberfest hier. Du kannst zur Oktoberfest-Zeit in München weilen, ohne das Fest unmittelbar zu erleben. Allenfalls siehst du Gäste in Dirndl und Lederhosen in der U-Bahn. In Valencia herrscht während der Fallas ein großes Durcheinander. Der Verkehr steht still, es ist laut und kann schwierig werden, wie an anderen Tagen ein Restaurant zu besuchen.“
Fallas-Vereine sind heute hundertfach über die Stadt verteilt. Die Vereine geben inzwischen professionell arbeitenden Künstlern den Auftrag, eine Fallas-Figur aus Pappmaché und Holz herzustellen. Die Arbeiten daran dauern nicht selten Monate. Vom 15. bis 19. März sind diese Figuren in der ganzen Stadt zu bestaunen: Sie karikieren in der Regel Persönlichkeiten aus Politik, Sport, Gesellschaft und ähneln den Figuren auf den Umzugswagen im deutschen Karneval und Fasching. Das Fest folgt in jedem Jahr, so Carrascosa, einem eigenen Leitmotiv. Ein Komitee kürt am Ende die beste Figur. Sie kommt ins Museum und entgeht so dem Brand, dem in der Nacht vom 19. auf den 20. März alle übrigen Figuren zum Opfer fallen.
Weitere Elemente der Fallas
Auch Feuerwerke, Böllerwerke und eine religiöse Prozession sind Teil des heutigen Fests und halten die Teilnehmer und Besucher bei Laune und vor allem wach. Während der Mascletàs, die täglich um 14 Uhr stattfinden, werden die Ohren strapaziert: Knaller und Böller übertönen mit ihrem Konzert für einige Minuten alle anderen Geräusche. Das aufwändigste der nächtlichen Feuerwerke füllt die Nacht vom 18. auf den 19. März, die so genannte „Nacht der Feuer“ („Nit de Foc“). In Kontrast zu den kurzlebigen, aber effektvollen Licht- und Geräuscheinlagen steht die Prozession „Ofrena de Flors“: Zwei Tage lang ziehen Tausende Valencianer an der Statue der Virgen de los Desamparados, der Schutzpatronin der Stadt, vorbei und hinterlassen dort eine Blumengabe. Vor allem die Frauen putzen sich dabei aufwändig heraus: Ihr Haar flechten sie zu Zöpfen, sie tragen traditionelle Gewänder.
Wer plant, seine Spanischkenntnisse direkt im Land unserer „Sprache des Monats“ aufzufrischen, dem seien die Fallas in Valencia ans Herz gelegt.